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Auszug - Positionierung der Stadt Erkelenz zur Leitentscheidung 2023 des Landes NRW  

 
 
5. Sitzung des Ausschusses für Braunkohle, Strukturwandel und LandFolge
TOP: Ö 3
Gremium: Ausschuss für Braunkohle, Strukturwandel und LandFolge Beschlussart: ungeändert beschlossen
Datum: Mo, 20.03.2023 Status: öffentlich/nichtöffentlich
Zeit: 19:30 - 21:50 Anlass: Sitzung
Raum: Sitzungssaal des Rathauses
Ort: Johannismarkt 17, 41812 Erkelenz
A 80/041/2023 Positionierung der Stadt Erkelenz zur Leitentscheidung 2023 des Landes NRW
   
 
Status:öffentlich  
Federführend:Amt für Strukturwandel und Wirtschaftsförderung   
 
Wortprotokoll
Beschluss
Abstimmungsergebnis

Ratsmitglied Merkens (Ausschussvorsitz) stellt fest, dass sich aus der Sitzung der Arbeitsgruppe Tagebau eine Reihe von Anregungen und Änderungen ergeben haben. Diese sind in einer veränderten Version des als Anlage zu TOP 3 beigefügten Positionspapiers mit markierten Änderungen als Tischvorlage vorliegend. Er weist ebenso wie Bürgermeister Muckel darauf hin, dass zudem die Möglichkeit besteht, dass jede*r eine eigene Stellungnahme zur kommenden Leitentscheidung per E-Mail an das Land NRW richtet.

Auf seine Nachfrage hin beschließt der Ausschuss einstimmig, zunächst nicht über die Verwaltungsvorlage abzustimmen, sondern in die Diskussion und Beschlussfassung der Änderungen und Ergänzungen aus der Arbeitsgruppe Tagebau einzusteigen.

 

Ratsmitglied Dederichs (Fraktionsvorsitz Bündnis 90/Die Grünen) merkt an, dass er einen ergänzenden Punkt Nr. 9 für das Positionspapier vorgeschlagen habe. Vor dem Hintergrund, dass die Leitentscheidung eher technische Belange regelt, würde er diesen vorgeschlagenen Punkt zurückziehen und eine entsprechende Ergänzung in Form des Vorschlags einer Vereinbarung zur Sozialverträglichkeit im Vorwort vorschlagen.

 

Ratsmitglied Engels ergänzt, dass diese Vereinbarung unter Beteiligung der Kommune und der Betroffenen erfolgen solle.

 

Dieser Vorschlag wir einstimmig angenommen, so dass das Vorwort nun folgenden Wortlaut erhält:

 

„Die Leitentscheidung 2023 soll mit ihren Inhalten ergänzend zur bestehenden Leitentscheidung aus dem Jahr 2021 gelten. Die Forderungen der Stellungnahme der Stadt Erkelenz aus dem Prozess der Leitentscheidung 2021 bleiben bestehen und werden durch nachfolgende Positionen inhaltlich ergänzt.

Die Stadt Erkelenz erwartet, dass die Bergbautreibende und ihre Rechtsnachfolger*innen nicht aus der Pflicht entlassen werden, sich um Berg- und Langzeitschäden sowie Ewigkeitslasten zu kümmern, ohne entsprechende Kompensation anzubieten und umzusetzen. Hierzu ist ein regelmäßiges finanzielles Monitoring erforderlich.

Die Belange der Sozialverträglichkeit für die Bewohner*innen des Umsiedlungsstandortes und der fünf bergbaulich nicht in Anspruch genommenen Dörfer sollen gesondert in einer Vereinbarung mit dem Land NRW und der Bergbautreibenden unter Beteiligung der Betroffenen und der Kommune festgehalten werden.“

 

Zu den aus der AG Tagebau vorgeschlagenen Änderungen zu Punkt 1 des Positionspapiers ergibt sich eine lebhafte Diskussion in Bezug auf die Aussicht der Berücksichtigung dieser Positionierung im Rahmen der Leitentscheidung. Erster Beigeordneter Dr. Gotzen stellt klar, auch wenn es unwahrscheinlich sei, dass diese Forderung sich in der Leitentscheidung niederschlage, so handele es sich bei den benannten Inhalten um eine klare und wichtige politische Forderung und Positionierung der Stadt.

 

Die in der AG Tagebau vorgeschlagenen Änderungen unter Punkt 2 des Positionspapiers werden einstimmig angenommen, so dass dieser Punkt 3 des Positionspapiers nun folgenden Wortlaut enthält:

 

„1. Der Tagebau wird weiterhin abgelehnt.

Die energiepolitische Notwendigkeit des Tagebaus Garzweiler II wird seitens der Stadt Erkelenz seit den 1980er Jahren bezweifelt. Der Abbau von Braunkohle sowie bergbaubedingte Enteignungen auf dem Erkelenzer Stadtgebiet werden abgelehnt. Die Stadt Erkelenz erwartet, dass die Energiewende durch die Landesregierung so unterstützt wird, dass der Tagebau faktisch spätestens 2030 beendet werden kann, ohne die für die Versorgungsreserven vorgesehenen Flächen und damit auch die darunterliegenden Kies- und Lößmassen in Anspruch nehmen zu müssen.

Die Abraumverschiebung aus Garzweiler II in den Tagebau Hambach darf weder zu Lasten der Rekultivierung in Garzweiler II gehen noch dazu führen, dass letztlich ausschließlich zur Gewinnung von Abraum Flächen in Anspruch genommen wird.

Dass die Dörfer Keyenberg, Kuckum, Oberwestrich, Unterwestrich und Berverath sowie die drei Feldhöfe erhalten bleiben, wird begrüßt.“

 

 

Die in der AG Tagebau vorgeschlagenen Änderungen unter Punkt 2 des Positionspapiers werden einstimmig angenommen, so dass dieser Punkt nun folgenden Wortlaut enthält:

 

„2. Planungssicherheit für die weitere Entwicklung wird gefordert.

Die genauen Parameter des Tagebaus (Abstand zu Ortsgrenzen und Feldhöfen, genaue Tagebauführung, Zwischennutzungen, Rekultivierung, See) sind verbindlich, auch planerisch, festzulegen. Dabei sind die Ortsgrenzen der Tagebauranddörfer, von denen sich die Abstandsflächen bemessen, verbindlich zu bestimmen.

Planungssicherheit und -recht muss auf allen Planungsebenen schnellstmöglich geschaffen werden. Die Stadt Erkelenz erwartet daher, dass die nicht mehr in Anspruch genommen Flächen des Erkelenzer Stadtgebietes umgehend aus dem Bergrecht entlassen werden. Die Planungen der Tagebauum-feldinitiativen sind in übergeordneten Planungen zu berücksichtigen.

Eine räumliche Ausdehnung des Gültigkeitsbereichs des Hauptbetriebsplans darf nur dann erfolgen, wenn eine Entscheidung für die Inanspruchnahme der "Sicherheitsbereitschaft 3.0“ (bzw. Kohlereserve 2030-2033) getroffen worden ist.

Ohne Entscheidung für die Inanspruchnahme einer Sicherheitsbereitschaft 3.0“ (bzw. Kohlereserve) darf eine Ausdehnung des Hauptbetriebsplans allenfalls zeitlich erfolgen, aber nur innerhalb des räumlichen Gültigkeitsbereichs des aktuell genehmigten Hauptbetriebsplans 2023-2025.“

 

 

Zu Punkt 3 des Positionspapiers erläutert Bürgermeister Muckel, dass man den Zeitpunkt für die Beendigung der Umsiedlung auch in Orientierung an das Positionspapier des Zweckverbands Landfolge gewählt habe. Hier gelte es die Balance zu finden, Möglichkeiten für die Umgesiedelten zu erhalten und parallel aber eine zügige Entwicklung der Altdörfer zu realisieren.

Er ergänzt, dass der Grund für die Umsiedlung durch die Leitentscheidung wegfalle und die Sozialverträglichkeit eines früheren oder späteren Zeitpunkts auch für den Umsiedlungsstandort in Betracht zu ziehen sei.

 

Im Rahmen einer Diskussion, in der die jeweiligen Vor- und Nachteile einer früheren oder späteren Beendigung der Umsiedlung und die in der AG Tagebau vorgeschlagenen Änderungen sowohl für die Umsiedler als auch für die weitere Entwicklung abgewogen werden, wird die folgende nachfolgende Textpassage einstimmig angenommen, so dass der Punkt nun folgenden Wortlaut enthält:

 

„3. Ein verbindlicher Endzeitpunkt für die Umsiedlung wird gefordert.

Es ist notwendig, dass der Endzeitpunkt der Umsiedlung verbindlich auf das Jahr 2028 festgelegt und der Umgang mit der im Eckpunktepapier vom 04.10.2022 genannten Rückkaufoption für ehemalige Eigentümer*innen definiert wird. Die Landesregierung erarbeitet deshalb umgehend und in Zusammenarbeit mit der Stadt Erkelenz und dem bergbautreibenden Unternehmen eine Rückgabevereinbarung. Für Umsiedlungswillige ist die Umsiedlung zu den bisherigen Konditionen abzuschließen. Alle Prozesse sind sozialverträglich abzuwickeln.“

 

Zu Punkt 4 des Positionspapiers erläutert Ratsmitglied Weitz, dass die Erfahrungen, die man in Holzweiler in einem ähnlichen Prozess gemacht gezeigt haben, zeigten, dass eine sehr konstruktive Zusammenarbeit zwischen Dorfbevölkerung und Verwaltung gegeben ist.

Stv. Ausschussmitglied Dresen merkt an, dass sich die Bevölkerung vor Ort nicht ausreichend gehört fühle.

Bürgermeister Muckel merkt an, dass Erkelenz in Sachen Bürgerbeteiligung anders als andere Kommunen einen vorbildlichen und sehr guten Weg gehe und dies auch so fortgeführt werde.

 

Es erfolgt somit eine Abstimmung über den Verwaltungsvorschlag zu Punkt 4, der bei 12 Ja-Stimmen, 3 Nein-Stimmen und 2 Enthaltungen folgenden Wortlaut erhält:

 

„4. Eine gleichbleibend hohe Lebensqualität wird gefordert.

Es soll einen partizipativen Prozess zur Neugestaltung der Dörfer des dritten Umsiedlungsabschnitts und des umgebenden Landschaftsraumes geben. Die vollständige Herstellung der Tagebaufolgelandschaft und die Umsetzung einer Gesamtstrategie für den dritten Umsiedlungsabschnitt auf dem Erkelenzer Stadtgebiet wird noch Jahrzehnte in Anspruch nehmen. Das Land NRW wird aufgefordert, die Stadt Erkelenz bei dieser Entwicklung in finanzieller Hinsicht zu unterstützen, um tragfähige kurz- und langfristige Konzepte für das Stadtgebiet entwickeln und umsetzen zu können und eine hohe Lebensqualität zu gewährleisten.“

 

 

Nach einer kurzen Diskussion über die Vor- und Nachteile der Wälle erhält Punkt 5 des Positionspapiers bei 9 Ja-Stimmen, 3 Nein-Stimmen und 5 Enthaltungen folgenden Wortlaut:

 

„5. Angemessener Immissionsschutz wird auch über das Ende des Tagebaus hinaus gefordert.

Der Umgang mit Immissionsschutzanlagen muss an die Tagebauplanung angepasst werden. Der bestmögliche Schutz vor tagebaubedingten Immissionen muss für alle Bewohner*innen gewährleistet werden. Bestehende, nicht mehr notwendige Immissionsschutz-anlagen müssen umgehend zurückgebaut werden.“

 

Zu Punkt 6 des Positionspapiers erläutert Technischer Beigeordnete Lurweg, dass es hier um die generelle Planung gehe und man die Position der Stadt Erkelenz nicht auf das aktuelle Verkehrsnetz beschränken solle.

 

Aufgrund der Verschiebung der Leitentscheidung wird die L19 zu diesem Zeitpunkt bereits durch den Tagebau in Anspruch genommen, so dass dieser Satz aus dem Verwaltungsvorschlag gestrichen wird.

 

Punkt 6 des Positionspapiers erhält bei 15 Ja-Stimmen, 1 Nein-Stimme und 1 Enthaltung folgenden Wortlaut:

 

„6. Eine leistungsfähige verkehrliche Infrastruktur wird gefordert.

Die verkehrlichen Ersatzverbindungen müssen der neuen Tagebauplanung angepasst werden, sodass ein leistungsfähiges kommunales und regionales Verkehrsnetz entsteht. Dabei sind alle Erkelenzer Dörfer soweit wie möglich von Durchfahrtsverkehren sowie Lärm- und Staubimmissionen zu schützen.

Für die lokale Mobilität ist ein besonderes Augenmerk auf die Schaffung einer dauerhaften, funktionsfähigen Wegeverbindung zwischen Holzweiler und Keyenberg zu legen, die ausdrücklich nicht deckungsgleich mit der vorübergehenden Nutzung von Wirtschaftswegen ist.“

 

Zu Punkt 7 des Positionspapiers gab es aus der AG Tagebau keine Ergänzungen oder Änderungsvorschläge, so dass der Verwaltungsvorschlag der Textpassage einstimmig angenommen wird, so dass dieser Punkt nun folgenden Wortlaut enthält:

 

„7. Eine integrierte Seeplanung mit Berücksichtigung des Entwicklungszeitraumes wird gefordert.

Es müssen alle notwendigen technischen und wasserwirtschaftlichen Möglichkeiten ausgeschöpft werden, um so schnell wie möglich und unter nachhaltigen Gesichtspunkten einen funktionalen See mit Naherholungsfunktion herzustellen und nutzbar zu machen. Die Befüllung des Restsees muss so schnell wie möglich abgeschlossen sein. Ausreichende Entnahmemöglichkeiten von Rheinwasser müssen sichergestellt werden. Während der Befüllungsphase sind Zwischennutzbarmachungen zu ermöglichen.“

 

Zu Punkt 8 des Positionspapiers merkt Ratsmitglied Engels an, dass er hier eine Ergänzung in Bezug auf eine insolvenzsichere Absicherung erfolgen soll.

Diesem Vorschlag wird wie auch dem Ergänzungsvorschlag aus der AG Tagebau nicht gefolgt, so dass der Verwaltungsvorschlag der Textpassage bei 13 Ja-Stimmen, 2 Nein-Stimmen und 2 Enthaltungen angenommen wird, so dass dieser Punkt nun folgenden Wortlaut enthält:

 

„8. Für die Tagebauanrainerkommunen und die Tagebauumfeldinitiativen wird personelle und finanzielle Unterstützung seitens des Landes NRW gefordert.

Eine personelle und finanzielle Förderung über das Jahr 2030 sowie eine Aufstockung des Gesamtfördervolumens wird gefordert. Es ist ein eigenes räumliches Förderbudget erforderlich, welches sich an den Herausforderungen und Besonderheiten vor Ort orientiert und flexibel und bedarfsgerecht eingesetzt werden kann. Die bereitgestellten Mittel müssen gleichzeitig die Instandsetzung und Erneuerung der Infrastruktur, ortsspezifische und individuell passende Lösungen zur Entwicklung des Raumes und Modellprojekte in Hinblick auf konsequenten Klima- und Ressourcenschutz ermöglichen. Durch den Tagebau verursachte Investitionskosten in die Ver- und Entsorgungsinfrastruktur dürfen nicht zu Lasten der kommunalen Gebührenzahlenden gehen.“


Beschluss (als Empfehlung an Haupt- und Finanzausschuss und Rat):

„Das Positionspapier der Stadt Erkelenz zur Leitentscheidung 2023 wird beschlossen. Die Verwaltung wird beauftragt, dieses Papier an die Landesregierung mit einem entsprechenden Begleitschreiben zu übersenden.

 

Das Positionspapier des Zweckverbands Landfolge Garzweiler wird zur Kenntnis genommen.


Abstimmungsergebnis: mehrheitlich beschlossen (siehe Abstimmungen zu den einzelnen Textpassagen)