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Tatbestand: Rückblick und aktueller Stand: Gemäß Beschluss des Jugendhilfeausschusses vom 29.06.2021 wird im Folgenden über die Entwicklung im Amt für Kinder, Jugend, Familie und Soziales im Bereich Kinderschutz berichtet: Der Schutz von Kindern und Jugendlichen bleibt weiterhin eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die gemeinschaftlich wahrgenommen werden muss. Der Gesetzgeber hat im Rahmen der Reform des SGB VIII mit dem Kinder- und Jugendstärkungsgesetz (KJSG) erneut den Weg zu einem verbesserten Kinderschutz eingefordert und rechtlich gerahmt. Die damit verbundenen Anforderungen und Veränderungen für die Praxis im Amt für Kinder, Jugend, Familie und Soziales stellen die Mitarbeitenden zunehmend vor Herausforderungen, da sich – wie unten dargestellt – die Zahl schutzbedürftiger Kinder und Jugendlicher in Erkelenz massiv erhöht hat und perspektivisch weiter erhöhen wird. Durch die Schaffung präventiver Angebote, dem bedarfsgerechten Ausbau von Jugendhilfeangeboten im sozialen Nahraum und die stetige Weiterentwicklung von internen Arbeitsprozessen, basierend auf den gesetzlichen Anforderungen und den Bedarfen der Erkelenzer Bürgerschaft, wird deutlich, dass Kinderschutz in Erkelenz oberste Priorität genießt. Im Folgenden werden zunächst auszugsweise statistische Daten im Kontext Kinderschutz dargestellt. Sowohl die Anzahl der eingehenden Mitteilungen hinsichtlich einer möglichen Kindeswohlgefährdung als auch die Summe der erforderlichen Inobhutnahmen für die Jahre 2020 – 2024 sind den nachfolgenden Tabellen zu entnehmen.
Entwicklung im Bereich Kinderschutz in Erkelenz in Zahlen für den Zeitraum 2020-2024
Quelle: amtsinterne Statistik (Stand 31.10.2024) Für das laufende Jahr lässt sich mitteilen, dass ca. 72 % (84 Mitteilungen) der im Amt 50/51 eingegangen Mitteilungen über eine mögliche Kindeswohlgefährdung im Ergebnis der Ersteinschätzung durch die Fachkräfte im ASD (Allgemeiner Sozialer Dienst) gewichtige Anhaltspunkte beinhalteten und somit ein weiteres standardisiertes Vorgehen des Jugendamtes im Kinderschutz (u.a. im Vier-Augen-Prinzip, Hausbesuch, Gespräch mit dem Kind, Gespräch mit den Personensorgeberechtigten, ggfs. Hinzuziehung weiterer Fachkräfte zur Gefährdungseinschätzung, etc.) zur Folge hatte. Lediglich ca. 28 % (33 Mitteilungen) konnten bereits in der Ersteinschätzung als „nicht gewichtig“ bewertet werden und erforderten kein weiteres Tätigwerden im Kinderschutz. Deutlich wird anhand der oben angeführten Statistik die insgesamt steigende Anzahl an Mitteilungen über eine mögliche Kindeswohlgefährdung. Der Rückgang der Zahlen in den Jahren 2021 und 2022 ist auf die Coronapandemie zurückzuführen und macht sichtbar, dass Kinder und Jugendliche aufgrund der Einschränkungen der Pandemie aus dem Blick der Öffentlichkeit gerieten. Mit Wegfall der sozialen Einschränkungen und der Öffnung der Schulen und Kindergärten stiegen die Mitteilungen im Kinderschutz wieder deutlich an und sind seitdem mindestens auf Vor-Corona-Niveau zurückgekehrt. Dabei fällt im Arbeitsfeld Kinderschutz im Amt für Kinder, Jugend, Familie und Soziales eine deutliche Zunahme im Bereich der Polizeieinsätze anlässlich häuslicher Gewalt auf, bei denen minderjährige Kinder im Haushalt leben. Zudem zeigen sowohl Kinder als auch Eltern zunehmend psychische Auffälligkeiten bzw. therapeutische Bedarfe, die aufgrund der fehlenden therapeutischen Angebote für Kinder und auch für Erwachsene zu zusätzlichen Belastungen in Familien und Institutionen wie z.B. Schule führen und eine gelingende Zusammenarbeit im Kinderschutz erschweren.
Inobhutnahmen von Kindern/Jugendlichen im Erkelenzer Stadtgebiet für den Zeitraum 2020-2024
Quelle: Amtsinterne Statistik (Stand 31.10.2024) Im Bereich der sofortigen Schutzmaßnahmen ist ein massiver Anstieg zu verzeichnen. Der sich in den Jahren 2018 – 2020 darstellende Rückgang im Bereich der Inobhutnahmen setzte sich nach dem Ende der Coronapandemie nicht fort, sondern stieg bis Ende des Jahres 2023 um über 200 % im Vergleich zum Jahr 2020 an. Dies ist hauptsächlich auf zwei wesentliche Ursachen zurückzuführen. 1. Durch den Ukrainekrieg im Einzelnen bzw. die weltpolitische Entwicklung insgesamt, die das Migrationsverhalten der Weltbevölkerung insgesamt verstärkt, ist der Anteil der schutzbedürftigen Minderjährigen, die in Deutschland unbegleitet einreisen, gestiegen. 2. Die durch die verstärkte Sensibilisierung der Gesellschaft vermehrten Hinweise auf eine mögliche Kindeswohlgefährdung führen im Ergebnis der Überprüfung durch das Amt für Kinder, Jugend, Familie und Soziales - im Vergleich zum Jahr 2020 - häufiger zur Notwendigkeit der sofortigen Inobhutnahme. Dem gegenüber steht die Entwicklung im Feld der freien Jugendhilfe, die aufgrund des Fachkräftemangels eine deutliche Reduzierung von Jugendhilfeangeboten zur Folge hat. Dies bedeutet für die Kinder und Jugendlichen, die sich im Rahmen der Inobhutnahme in einer Schutzstelle befinden, nicht selten, dass sie aufgrund fehlender Anschlussmaßnahmen lange Zeit (aktuell befindet sich ein Kind seit dem 26.02.2024 in der Schutzstelle; ein anderes Kind konnte ebenfalls erst nach neun Monaten in eine Anschlussmaßnahme übergeleitet werden) perspektivlos in den Schutzeinrichtungen verbleiben müssen. Der Fachkräftemangel in der freien Jugendhilfe hat zur Folge, dass Arbeitsplätze bei freien Trägern attraktiver gestalten werden wollen, um neue Fachkräfte zu finden und bereits vorhandene zu binden. Dies wiederum führt zu deutlich gestiegenen Entgelten in den Aushandlungsprozessen zwischen freien und öffentlichen Jugendhilfeträgern, was wiederum eine hohe Kostensteigerung für den öffentlichen Jugendhilfeträger zur Folge hat – sowohl durch die o.g. längeren Verweildauern in kostenintensiven Schutzstellen als auch durch unzureichende bzw. nicht passende Angebote bei den freien Trägern der Jugendhilfe sowie die benannten Erhöhungen der Entgelte. Die daraus resultierenden veränderten und gestiegenen Herausforderungen im Arbeitsalltag der Sozialarbeiterinnen des Amtes 50/51 werden durch stetige Weiterentwicklungen und Neuerungen des Gesetzgebers verschärft. So ist am 1. Mai 2022 das Landeskinderschutzgesetz NRW (LKSG NRW) in Kraft getreten. Das Gesetz fußt auf folgenden vier Säulen:
Umsetzung der Vorgaben des LKSG NRW in Erkelenz:
Darüber hinaus wurde das Verfahren in Form eines Prozessmodells abgebildet. Durch die vorhandene Rufbereitschaft im Amt für Kinder, Jugend, Familie und Soziales ist die gesetzlich geforderte ständige Erreichbarkeit des Jugendamtes ebenfalls sichergestellt. Die verpflichtende Bereitstellung von sogenannten „Insoweit erfahrenen Fachkräften (InSoFas)“ wird durch das neue Beratungsangebot in den vier Erkelenzer Familienzentren in der städt. Kita Westpromenade, in der städt. Kita Gerderath, in der evang. Kita Schwanenberg und in der Johanniter-Kindertagesstätte „Oestricher Kamp“, in denen „Insoweit erfahrene Fachkräfte“ auf Wunsch anonym beraten und bei der Ersteinschätzung einer möglichen Kindeswohlgefährdung, sowie dem weiteren Vorgehen beraten, erfüllt. Im zweiwöchentlichen Rhythmus stehen wechselweise in den Familienzentren InSoFas im Rahmen einer offenen Sprechstunde bereit, um pädagogische Fachkräfte im Bedarfsfall zu beraten. Darüber hinaus ist nach telefonischer Vereinbarung ebenfalls Beratung möglich. Dieses Angebot ergänzt die bereits vorhandene Bedarfsdeckung durch InSoFas und zeichnet sich durch seinen niedrigschwelligen Charakter aus.
Kooperationsvereinbarung zwischen Schule und Jugendamt gem. § 8a SGB VIII und § 42 Abs. 6 Schulgesetz NRW Entsprechend der o.g. Vorgaben des Gesetzgebers aus dem SGB VIII und dem Schulgesetz wurde im vergangenen Jahr die bereits im Jugendhilfeausschuss am 29.06.2021 beschlossene Kooperationsvereinbarung zwischen allen Erkelenzer Grund- und weiterführenden Schulen mit dem Amt für Kinder, Jugend, Familie und Soziales final unterzeichnet und ist seit dem 22.03.2023 in Kraft. Ein erstes Evaluationsgespräch mit VertreterInnen der Erkelenzer Schulen ergab, dass z.B. der inkludierte Handlungsleitfaden von den Lehrpersonen, SchulsozialarbeiterInnen und OGS-Mitarbeitenden als sehr hilfreich empfunden wird. Die Abläufe und Verantwortlichkeiten im Kinderschutz sind durch die Kooperationsvereinbarung klar geregelt, was im Praxisalltag der Schulen zu mehr Handlungssicherheit aller Beteiligten führt.
Fachberatungsstelle gegen sexualisierte Gewalt Dem Bereich der sexualisierten Gewalt kommt im Kinderschutz eine besondere Bedeutung zu. Betroffene Kinder und Jugendliche öffnen sich meist nur sehr zögerlich und nach längerem zeitlichen Vorlauf, da TäterInnen oftmals mit Geheimhaltungsgeboten Ängste bei Opfern schüren. Zudem wirkt das Erleben sexualisierter Gewalt bei Betroffenen verunsichernd und schambesetzt, was eine Offenmachung des Erlebten deutlich erschwert. Der öffentliche Jugendhilfeträger hat in diesem Kontext vom Gesetzgeber die Aufgabe erhalten, bedarfsorientiert Angebote vor Ort vorzuhalten und Fachkräfte speziell zu schulen. Die Landesjugendämter LVR und LWL haben daraufhin eine gesonderte Empfehlung zur Wahrnehmung des Schutzauftrags bei Anhaltspunkten für sexualisierte Gewalt entwickelt (Anlage 2 - wird der Sitzungsniederschrift als Anlage beigefügt). „Diese Empfehlung wurde gemäß § 85 Abs. 2 Nr. 1 SGB VIII von den Landesjugendhilfeausschüssen des LVR-Landesjugendamtes Rheinland und des LWL-Landesjugendamtes Westfalen beschlossen. Sie soll den örtlichen Jugendämtern als fachliche Orientierung zur Qualitätsentwicklung gemäß § 79a SGB VIII dienen. Auch den örtlichen Jugendhilfeausschüssen wird eine Befassung empfohlen“ (siehe Seite 24, „Wahrnehmung des Schutzauftrags gemäß § 8a SGB VIII bei Anhaltspunkten für sexualisierte Gewalt gegen Kinder und Jugendliche“ LVR-Landesjugendamt Rheinland und LWL-Landesjugendamt Westfalen, November 2023). In den Jahren 2021/2022 wurde die Einrichtung einer Fachstelle gegen sexualisierte Gewalt in Erkelenz zunächst im Jugendhilfeausschuss und nachfolgend im Rat beschlossen. Gemeinsam mit den Jugendämtern im Kreis Heinsberg wurden drei Fachberatungsstellen gegen sexualisierte Gewalt eingerichtet, die in Heinsberg, Geilenkirchen und Erkelenz verortet sind. Der Stadt Erkelenz ist es gelungen, den Kinderschutzbund als Kooperationspartner für dieses Projekt zu gewinnen, sodass die Kooperationsvereinbarung zur Fachberatungsstelle gegen sexualisierte Gewalt zwischen dem Kinderschutzbund und der Stadt Erkelenz am 20.07.2023 unterzeichnet werden konnte. Die Arbeit der Fachberatungsstelle in Erkelenz beinhaltet sowohl die Beratung von Betroffenen und Angehörigen, wie auch die Beratung von Fachkräften, sowie Präventionsschulungen in Institutionen. In konkreten Zahlen für die Fachberatung durch den Kinderschutzbund Erkelenz für das Jahr 2024 (Stand Oktober 2024) bedeutet dies: - 42 Personen wurden als Betroffene/Angehörige beraten. Allen Personen konnte innerhalb von 14 Tagen einen Erstberatungstermin angeboten werden. - 17 Fachkräfte wurden beraten - in 16 verschiedenen Einrichtungen (Schulen, Kindertagesstätten und Wohngruppe) wurden präventive Schulungen für SchülerInnen und Fachkräfte durchgeführt. Darüber hinaus wurden in den Schulen und Kindertagesstätten Elternabende zu Themen aus dem Kontext „sexualisierte Gewalt/ Sexualpädagogik/Sexualentwicklung“ angeboten. Dabei wurde deutlich, dass es sowohl in der Elternschaft als auch bei Fachkräften große Unsicherheiten und dadurch bedingte erhöhte Beratungsbedarfe in diesem Themenfeld gibt.
Kurzer Exkurs zu sexualisierter Gewalt in Zahlen: Grundsätzlich gibt es keine statistisch verlässlichen Zahlen über Kinder und Jugendliche, die sexualisierte Gewalt erlebt haben, da gerade in diesem Bereich das Dunkelfeld sehr groß ist. Bei der Betrachtung des Hellfeldes, also der Zahlen, die z.B. aufgrund von Straftaten messbar wurden, ergeben sich folgende Zahlen: „In NRW wurden im selben Jahr (Anm. der UZ: 2021) insgesamt 4.131 Fälle von sexuellem Missbrauch von Kindern erfasst, mit einer Zunahme von 778 Fällen (+23,2 %) im Vergleich zum Vorjahr (…). Im Zehnjahresvergleich stiegen die Fallzahlen in NRW um 53,7 %. Von den bekannt gewordenen Opfern (n=4710) sind drei Viertel Mädchen und ein Viertel Jungen. Die Tatverdächtigen sind ganz überwiegend männlich (92,9 %), der Anteil weiblicher Täterinnen liegt bei etwa 7 %. Knapp jede:r Dritte der Tatverdächtigen ist selbst noch minderjährig. In den Fällen, die der Polizei bekannt wurden, wurde knapp ein Viertel der betroffenen Kinder von einem Familienangehörigen sexuell missbraucht. Etwa jedes sechste Kind (n=787, 16,7 %) lebte mit der tatverdächtigen Person in einem gemeinsamen Haushalt (vgl. LKA 2022, S. 148). Noch deutlicher stärker angestiegen sind die Straftaten aus dem Deliktbereich Missbrauchsdarstellungen (»Verbreitung, Erwerb und Besitz kinderpornographischer Inhalte«, § 184b StGB). Dies ist insbesondere auf verstärkte Ermittlungsarbeit zurückzuführen. In der Polizeilichen Kriminalstatistik wurden 2021 bundesweit 39.171 Fälle gezählt, ein Anstieg um 108,8 % gegenüber dem Vorjahr (vgl. BKA 2022, S. 6). In NRW wurden 2021 11.328 Fälle polizeilich registriert, 6.552 Fälle mehr als im Vorjahr (+137,2 %) (vgl. LKA 2022, S. 152).“ (vgl. Seite 19 ebd.). Dabei kommt dem digitalen Kontext eine immer größere Bedeutung zu. Die Verbreitung von und Handel mit Darstellungen von sexualisierter Gewalt ist in digitaler Form aus Tätersicht mit wenig Aufwand umsetzbar. Dazu gesellt sich eine schwindende Sensibilität bei Jugendlichen, die in den sozialen Medien ungeschützt entsprechendes Datenmaterial empfangen und weiterverbreiten – oftmals ohne sich der strafrechtlichen Konsequenzen und den sozialen Folgen bei Verbreitung eigener Bilder bewusst zu sein. „Jugendschutz.net (2022) erfasste im Jahr 2021 insgesamt 3.948 Fälle von Minderjährigen, die in sexualisierten Posen oder in Verbindung mit sexuellen Handlungen gezeigt wurden – im Vergleich zum Vorjahr haben sich die Meldungen verdoppelt.“ (vgl. S. 14 ebd.) Besonderes Augenmerk bedürfen in diesem Zusammenhang Kinder und Jugendliche mit einer geistigen, körperlichen und/oder seelischen Behinderung. „Sie erfahren fast dreimal häufiger sexualisierte Gewalt als junge Menschen ohne Behinderung (vgl. Bange 2020, S. 178). In einer Studie des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ 2014, S. 21) gaben 20-34 % der Frauen mit Beeinträchtigungen und Behinderungen an, sexuellen Missbrauch in Kindheit und Jugend durch Erwachsene erlebt zu haben. Sie waren damit etwa zwei- bis dreimal häufiger davon betroffen als Frauen im Bevölkerungsdurchschnitt. Auch 12 % der Männer haben sexualisierte Gewalt in Kindheit, Jugend und Erwachsenenleben erlebt (vgl. BMAS 2013, S. 82).“ (siehe S. 20 ebd.)
Auftrag für Erkelenz: Aufgrund der besonderen Bedarfe bei der Bearbeitung von Kinderschutzfällen im Kontext sexualisierter Gewalt und den erhöhten Anforderungen im Hinblick auf die Fachlichkeit der beratenden und begleitenden Fachkräfte der Beratungsstelle ist bereits im ersten Jahr die Wichtigkeit und Erfordernis der Fachberatungsstelle in Erkelenz deutlich geworden. Die Fortführung der bereits begonnenen Kooperation wird auch zukünftig einen wesentlichen Baustein für einen qualitativ guten Kinderschutz in Erkelenz darstellen. Wie bereits erwähnt stellt die Zahl der Kinder und Jugendlichen mit Beeinträchtigung eine besonders vulnerable Gruppe im Kinderschutz dar. Junge Menschen mit Handicap haben aufgrund ihrer Einschränkungen oftmals weniger Möglichkeiten, sich mitzuteilen und auf sich aufmerksam zu machen. Trotz des gesellschaftlichen Wandels und des Inklusionsgedankens, alle Menschen unabhängig von ihrem Geschlecht, Alter, Herkunft, Einschränkungen, religiöser Haltungen, Bildung u. ä. in die Gesellschaft zu integrieren, gibt es in den Lebenswelten von Kindern mit und ohne Behinderungen nur wenig Überschneidungen. Dies hat zur Folge, dass Kindeswohlgefährdungen von jungen Menschen mit besonderen Bedarfen häufig unentdeckt bleiben. Das Amt für Kinder, Jugend, Familie und Soziales nimmt diese besonders schutzbedürftige Personengruppe verstärkt ins Blickfeld und hat sich zum Ziel gesetzt, den Kinderschutz in Erkelenz gemäß dem gesetzlichen Auftrag inklusiv auszurichten. Dies bedeutet für die Praxis, im Rahmen der Netzwerkarbeit Kinderschutz Beteiligte aus Institutionen, die mit jungen Menschen mit Beeinträchtigungen arbeiten zu schulen, zu vernetzen und Kooperationsvereinbarungen für Abläufe im Kinderschutz zu entwickeln. Darüber hinaus besteht die Notwendigkeit, gemeinsam mit freien Trägern der Jugendhilfe Kapazitäten für sofortige Schutzmaßnahmen zu schaffen, die den besonderen Bedarfen der jungen Menschen mit Beeinträchtigungen fachlich gerecht werden.
Kooperationsvereinbarung zum Kinderschutz sowie Schutz vor sexueller und häuslicher Gewalt zwischen der Kreispolizeibehörde Heinsberg und den Jugendämtern im Kreis Heinsberg Basierend auf den sich unterschiedlich und teils gegensätzlich darstellenden Aufträgen zwischen der strafverfolgenden Polizeibehörde und dem kindesschutzsichernden Jugendamt entstand die Notwendigkeit, eine Kooperationsvereinbarung zwischen den beteiligten Institutionen abzuschließen. Gemeinsames Ziel der Polizei und der Jugendämter war und ist es, die Zusammenarbeit im Kinderschutz zu verbessern. Dies bedarf eines gegenseitigen Verständnisses hinsichtlich der jeweiligen Arbeitsabläufe, sowie eines verbesserten Informationsaustauschs und der Klärung und Festlegung gelingender, gemeinsamer Strukturen im Umgang mit sexualisierter und/oder häuslicher Gewalt, bei denen Kinder bzw. Jugendliche betroffen sind. Die bereits bewährte Zusammenarbeit zwischen der Kreispolizeibehörde Heinsberg und dem Amt für Kinder, Jugend, Familie und Soziales in Erkelenz findet somit in einer gemeinsam mit den anderen vier Jugendämtern des Kreises Heinsberg und der Kreispolizeibehörde Heinsberg unterzeichneten Kooperationsvereinbarung eine Fortsetzung. Die genannte Vereinbarung mit den darin enthaltenen Absprachen und Abläufen gibt einen klaren Rahmen für eine weiterhin gelingende Zusammenarbeit im Kinderschutz vor und ist aktuell seit dem 01.11.2024 in Kraft getreten.
Netzwerkkoordination Kinderschutz Das Landeskinderschutzgesetz NRW hat in § 9 die Einrichtung von lokalen Netzwerken Kinderschutz verpflichtend verankert. Frau Jütten besetzt seit dem 01.05.2024 die Stelle der Netzwerkkoordination Kinderschutz im Amt für Kinder, Jugend, Familie und Soziales und wird sich und ihr Arbeitsfeld im Folgenden vorstellen. (Anlage 3: Flyer „Netzwerkkoordination“)
Auswirkungen des Fachkräftemangels auf den Kinderschutz
Bekannt ist, dass in vielen Bereichen Fachkräfte fehlen. Die Situationen im Bereich der Pflege, des Gesundheitswesens und in den Kitas findet Eingang in den Pressemitteilungen, weil sie eine Vielzahl von Menschen betreffen und ihnen im Alltag begegnen. Der Fachkräftemangel im Allgemeinen Sozialen Dienst (ASD) der Jugendämter ist bundesweit eklatant. Einzelne Berichte sind in den Medien - und immer dann, wenn etwas passiert ist. Im ASD wird u. a. sehr fokussiert der Kinderschutz, das „staatliche Wächteramt“, „die Garantenstellung zum Kinderschutz“ ausgeübt, der sich aus dem Grundgesetz und nachfolgend aus dem SGB VIII ableitet. Auf den “Appell an die Landesregierung zum Ausbau der Studienplätze“ (Anlage 4) und auf das „Positionspapier Fachkräftemangel“ (Anlage 5), wird hingewiesen.
Es ist auch für uns in Erkelenz herausfordernd gute Fachkräfte zu binden und gute Mitarbeitende neu zu gewinnen. Viele neue Wege wurden hierzu beschritten, die als unterstützend erlebt werden.
Extrem anspruchsvoll und personalintensiv ist es Heimplätze für Kinder zu finden, die geschützt werden müssen und nicht in der Familie leben können, bzw. nach einer Inobhutnahme in angemessener Zeit und mit der erforderlichen Qualität weiter zu vermitteln - und die Fallzahlen steigen erheblich! Gespräche mit den Einrichtungsträgern stimmen wenig hoffnungsfroh. Es bestehe kaum eine Chance der Erhöhung der Heimplatzzahl, im Gegenteil finden Gruppenschließungen statt, weil das Personal nicht da ist, das bereit ist in den Gruppen mit zum Teil extrem schwierigen Kindern und Jugendlichen in Schicht-, Wochenend- und Feiertagsdiensten zu arbeiten. Kinder und Jugendliche mit einem intensiv-pädagogischen Bedarf sind kaum vermittelbar - und hier ist noch nicht von den Systemsprengern die Rede.
Es wird auch bereits der Begriff der „Triage“ in der Jugendhilfe genutzt um deutlich zu machen, wie das Bedingungsgefüge sich darstellt. Aus der Not heraus ordnen Jugendämter ihrem Personal vereinzelt an, mit Kindern im Rahmen der Inobhutnahme im Amt über Nacht zu bleiben, in Hotels zu ziehen oder diese im eigenen häuslichen Umfeld zu versorgen. Dies war bisher in Erkelenz nicht der Fall und es wird alles darangesetzt, dass es hierzu nicht kommt.
Kinderschutz ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe und natürlich kommt der Jugendhilfe und vor allem dem Jugendamt eine gewichtige Rolle zu, der wir in Erkelenz auch künftig gerecht werden wollen. Die Rahmenbedingungen hierzu sind schwierig. Wir brauchen Unterstützung.
Leider muss man feststellen, dass das Land nicht die Problemsicht teilt und nicht für den notwendigen Ausbau der Studienplätze sorgt. Spätestens mit dem Ausscheiden der „Babyboomer“ wird sich eine Zuspitzung in einem schon jetzt sehr stark belasteten System ergeben. Beschlussentwurf (in eigener Zuständigkeit): „Der Jugendhilfeausschuss nimmt die Praxis zum Kinderschutz des Amtes für Kinder, Jugend, Familie und Soziales und die hieran orientierte Auseinandersetzung mit den Empfehlungen der Landschaftsverbände zur „Wahrnehmung des Schutzauftrags gemäß § 8a SGB VIII bei Anhaltspunkten für sexualisierte Gewalt gegen Kinder und Jugendliche“ zustimmend zur Kenntnis.“ Klima-Check: Trägt der Beschlussentwurf zum Klimaschutz oder zur Klimafolgenanpassung bei?
Kinderschutz ist klimaunabhängig.
Finanzielle Auswirkungen: Die zu einer qualitativ hochwertigen und bedarfs- und leistungsgerechten Erfüllung aller Aufgaben der öffentlichen Jugendhilfe benötigten Haushaltsmittel werden durch das Amt für Kinder, Jugend, Familie und Soziales im Rahmen der jeweiligen Haushaltsplanungen angemeldet. Anlagen: Anlage 1: PowerPoint-Präsentation Netzwerkkoordination Frau Jütten - wird der Sitzungsniederschrift beigefügt Anlage 2: Empfehlung „Wahrnehmung des Schutzauftrags gemäß § 8a SGB VIII bei Anhaltspunkten für sexualisierte Gewalt gegen Kinder und Jugendliche“ LVR-Landesjugendamt Rheinland und LWL-Landesjugendamt Westfalen, November 2023 - wird der Sitzungsniederschrift beigefügt Anlage 3: Flyer „Netzwerkkoordination“ Anlage 4: Appell an die Landesregierung zum Ausbau der Studienplätze im Bereich „Sozialer Arbeit“ (LVR) Anlage 5: Positionspapier Fachkräftemangel (LVR)
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