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Tatbestand: Mit Datum vom 25.01.2024 beantragt die SPD-Fraktion im Rat der Stadt Erkelenz:
„Der Rat der Stadt Erkelenz beauftragt die Stadtverwaltung eine für die Errichtung einer Tiny House-Siedlung geeignete Wohnsiedlungsfläche zu suchen, bauplanungsrechtlich auszuweisen und konzeptionell einen Gemeinschaftsraum und eine klimagerechte Energieversorgung vorzubereiten.“
Zur Begründung wird auf die Anlage dieser Beschlussvorlage verwiesen.
Die Verwaltung hat bereits im Jahr 2022 bei dem seinerzeit ähnlich gelagerten Antrag zum Thema Tiny Häuser auf die gesetzlich vorgegebenen planungsrechtlichen allgemeinen Festlegungen für die Errichtung von Gebäuden, egal ob groß oder klein, hingewiesen und vor allem darauf, dass auch kleine Häuser in vielen Bebauungsplänen und auch in Gebieten nach § 34 BauGB bereits jetzt schon gebaut werden können. Darüber hinaus wurde im Jahr 2022 auch der Runde Tisch der Erkelenzer Wohnungswirtschaft (Bauträger, Architekten, Kreditinstitute, Wohnungsverwalter, GEE sowie Teilnehmenden aus der Verwaltung) mit dem Thema befasst, der zu diesem Zeitpunkt keine Nachfrage in Erkelenz für diese Wohnform sah.
In der seinerzeitigen Diskussion wurde auch herausgearbeitet, dass der Begriff „Tiny House“ anders als z. B. in den USA, nicht gesetzlich normiert ist, und auch nicht das mobile Haus auf 2 Rädern in dem Antrag gemeint ist, sondern schlichtweg kleine (Wohn-)Häuser.
Im Planungsrecht werden die Rahmenbedingungen für die spätere Errichtung von Gebäuden festgelegt. In Deutschland sind dazu die bundesrechtlich einheitlichen Vorgaben des Baugesetzbuches (BauGB) und der Baunutzungsverordnung (BauNVO) maßgebend. Das BauGB definiert u.a. die Rahmenbedingungen für die Aufstellung von Bauleitplänen und regelt abschließend mögliche Festsetzung. Die BauNVO trifft Regelungen über Art und Maß einer möglichen baulichen Nutzung, die Bauweise und die überbaubare Grundstückfläche. Je nach Baugebietstypik werden Vorgaben hinsichtlich der Ausnutzung von Baugrundstücken gemacht. Dabei handelt es sich im Regelfall immer um Maximalgrößen, vor allem bei der Frage der Ausnutzbarkeit von Grundstücken. Aus besonderen städtebaulichen Gründen können auch Höhenbegrenzungen oder auch große Gebäude (z.B. Hochhäuser) festgesetzt werden. Bauleitpläne unterliegen häufig strengen gerichtlichen Kontrollen und müssen auch durch die Begründungen zu den Festsetzungen ein hohes Maß an Rechtssicherheit für mögliche Bauherren/Bauherrinnen und Investoren im Zusammenhang mit der Errichtung von Gebäuden bieten.
Bauleitpläne in Erkelenz enthalten bis auf ganz wenige Ausnahmen immer nur Festsetzungen zur max. Größe von Gebäuden. Diese variieren, z. B. in der Innenstadt, wo ausdrücklich eine höhere Bebauungsdichte und größere Gebäudehöhen gewünscht sind, bis hin zu den normalen Wohngebietsentwicklungen im Stadtkernbereich und den umliegenden Dörfern. Dort gibt es im Regelfall nur Vorgaben hinsichtlich der max. Größe und Ausnutzungsbarkeit eines Grundstückes. Kleine Häuser sind nicht verboten und können in fast allen Fällen auf Grundstücken errichtet werden. Die Systematik des Baurechtes besteht seit 1960 und ist seitdem nur im Detail geringfügig verändert worden. Es ermöglicht seit über 80 Jahren Stadtentwicklung in ganz Deutschland und hat in Erkelenz u. a. dazu geführt, dass eine Vielzahl von unterschiedlichen Haustypen und Bauprojekten in ganz vielen Baugebieten umgesetzt werden konnten. Das betrifft ausdrücklich auch kleine Häuser, für die es auch in Erkelenz bereits gute Beispiele gibt.
Der Begriff „Tiny House“ ist nicht gesetzlich geschützt oder ausreichend definiert. Er wird vor allem von der Fertighausindustrie und vielen weiteren Anbietern mittlerweile zu Werbezwecken „adaptiert“. Man kann dort auch „Tiny-House-Projekte“ mit Wohnflächen bis zu 80 qm „bestellen“. Tiny Häuser gibt es als freistehende Einzelhäuser, Doppelhäuser, Reihenhäuser oder Hausgruppen, alles Haustypen die bereits über die BauNVO definiert werden und je nach Festsetzungen in den Bebauungsplänen oder den Rahmenbedingungen des § 34 BauGB zulässig sind und für die im Regelfallkein separates Planungsrecht erforderlich ist.
Die flächenmäßige Beschränkung der Größe oder Ausdehnung von Bauvorhaben wird in der BauNVO durch die Grundflächenzahl (GRZ) vorgegeben. Diese regelt den max. möglichen Flächenversiegelungsgrad eines Baugrundstückes. In der Innenstadt beträgt diese GRZ häufig 1,0 (100% des Grundstückes können versiegelt werden) wegen der gewünschten höheren Verdichtung, in allgemeinen Wohngebieten im Regelfall 0,4. 40 % eines Grundstückes können mit Bebauung versiegelt werden, hinzu kommen ggfls. Regelungen über Nebenanlagen wie z.B. Stellplätze. Spätestens bei einer Grundstücksteilung wird somit die tatsächliche Größe der möglichen baulichen Ausnutzung eines Grundstückes abschließend festgelegt.
Besonderer planungsrechtlicher Bauvorschriften bedarf die Errichtung von kleinen Häuern also nicht. Selbstverständlich gelten für kleine Häuser ergänzende Vorschriften wie die Regelungen der Landesbauordnung oder des Gebäudeenergiegesetzes genauso wie für große Häuser und die Verpflichtung einer ordnungsgemäßen Erschließung mit Strom, Wasser und Abwasser. Dort sind die Regelungen der Bauordnung maßgebend, die gesunde Wohnverhältnisse einfordert.
Aufgabe der Verwaltung ist es, mit dem Planungsrecht die Rahmenbedingungen für die Errichtung von Gebäuden zu schaffen. Die Aufgabe der eigenen Entwicklung von ganzen Siedlungen oder Siedlungsformen bis hin zur Projektierung von Gebäuden ist bisher immer durch interessierte Projektentwickler, geeignete Bauträger oder Investoren umgesetzt worden. Davon sollte aus Sicht der Verwaltung auch nicht abgewichen werden. Der vorliegende Antrag des SPD-Fraktion geht allerdings weit darüber hinaus und würde das bisher bewährte Verfahren auch im Rahmen einer geordneten städtebaulichen Entwicklung verlassen. Es ist auch nicht Aufgabe einer Kommune konzeptionell einen Gemeinschaftsraum oder eine klimagerechte Energieversorgung bei einer Planung mit vorzusehen, sondern nur die Rahmenbedingungen für eine mögliche Errichtung in Form des Planungsrechtes zu schaffen. Alles andere wird durch gesetzliche Vorgaben geregelt. Das spricht, wenn es um eine ganze „Siedlung“ geht, umso mehr für eine Investoren-Lösung, die solche Themen mit abbilden kann. Kleine Häuser haben u. a. auch nur einen geringen Wärmebedarf. Ob später eine Miet- oder Kauflösung angeboten wird, hat auch auf eine mögliche Energieversorgung Einfluss und kann nicht in einem Bebauungsplan festgelegt werden.
Planungsrecht, auch für die Errichtung von kleinen Häusern, gibt es losgelöst von der tatsächlichen Grundstücksverfügbarkeit, bereits in den überwiegenden Baugebieten im gesamten Stadtgebiet. Die Erwartungshaltung, dass die Stadt Erkelenz als Eigentümer Baugrundstücke zur Verfügung stellen kann, für einzelne Gebäude oder für eine Projektentwicklung eines Dritten, ist allerdings vor dem Hintergrund des angespannten Grundstücksmarktes aktuell nicht zu erfüllen. Die Stadt Erkelenz selber hat zurzeit keine eigenen Baugrundstücke in der Vermarktung. Bei der Grundstücks- und Entwicklungsgesellschaft sind mehrere tausend Grundstückinteressenten registriert. Der Gesellschaftervertrag regelt die hauptsächliche Zielgruppe der Grundstücksentwicklung. Gegenstand der Gesellschaft ist „insbesondere preiswertes Wohnbauland für Familien“ zu schaffen. Die Zielgruppe für kleine Häuser ist das im Regelfall nicht.
Der Haupt- und Finanzausschuss ist nach der Zuständigkeitsordnung der Stadt Erkelenz der zuständige Ausschuss für die Festlegung von Verkaufsbedingungen bei städtischen Grundstücken. Er legt nicht nur den möglichen Verkaufspreis fest, sondern kann auch weitere Rahmenbedingungen damit verknüpfen, z. B. ob Teilflächen für eine Projektentwicklung oder Investorenmodelle zur Verfügung gestellt werden. Für solche Flächen wäre es ohne weiteres möglich, im Rahmen eines kleinen Investoren- oder Bauträgerwettbewerbes einen Block Grundstücke für die Errichtung von kleinen Häusern vorzuhalten. Weitere Maßnahmen und eine Veränderung oder Schaffung von Planungsrecht sind bislang dazu nicht erkennbar.
Es wird daher empfohlen, den Antrag der SPD-Fraktion in der gestellten Form abzulehnen. Beschlussentwurf (als Empfehlung an Haupt- und Finanzausschuss und Rat): „Der Rat der Stadt Erkelenz beauftragt die Stadtverwaltung eine für die Errichtung einer Tiny House-Siedlung geeignete Wohnsiedlungsfläche zu suchen, bauplanungsrechtlich auszuweisen und konzeptionell einen Gemeinschaftsraum und eine klimagerechte Energieversorgung vorzube-reiten.“
Geänderter Beschluss aus der 25. Sitzung des Ausschusses für Stadtentwicklung, Wirtschaftsförderung, Verkehr und Digitalisierung vom 17.09.2024 (als Empfehlung an Haupt- und Finanzausschuss und Rat): „1. Erkelenz strebt die Entwicklung und Realisierung einer Siedlung für Kleinwohnformen bzw. einer Tiny-House-Siedlung an. 2. Beim Verkauf der nächsten städtischen Grundstücke zu Wohnbauzwecken soll eine Fläche für die Entwicklung von Tiny-Häusern in Form einer Projektentwicklung oder eines Investorenmodells zur Verfügung gestellt werden. 3. Zur Grob-Konzeptionierung wird die Verwaltung einen öffentlichen Workshop durchführen. 4. Der Rat der Stadt Erkelenz bittet die GEE, sich dem Vorhaben anzuschließen und ein angemessenes Ersatzgrundstück bereitzustellen, sofern die Stadt Erkelenz kein Grundstück zur Verfügung stellen kann.“ Klima-Check: Trägt der Beschlussentwurf zum Klimaschutz oder zur Klimafolgenanpassung bei?
Der Antrag zielt lediglich auf einen Verwaltungsauftrag und ist nicht mit einer konkreten Umsetzung verbunden.
Finanzielle Auswirkungen: Keine Anlage: Antrag der der SPD-Fraktion im Rat der Stadt Erkelenz vom 25.01.2024
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