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Tatbestand: Nachdem der Rat am 29.03.2023 bereits den Erlass einer ordnungsbehördlichen Verordnung gemäß § 6 Ladenöffnungsgesetz – LÖG NRW über die Zulassung eines verkaufsoffenen Sonntages im Zusammenhang mit der Veranstaltung Bike ´n´Barbecue am 07.05.2023 beschlossen hat, beantragt der Gewerbering Erkelenz e.V. durch Vorlage eines Antrages mit konkretisierten Begründungen vom 17.04.2023 die Festsetzung weiterer drei Sonntage im Zusammenhang mit der Durchführung der folgenden Veranstaltungen:
24.09.2023 19. Kulinarischer Treff sowie Herbstmodenschauen und Erkelenzer Automobilaus- stellung 22.10.2023 15. Französischer Markt und Ententreff 03.12.2023 Erkelenzer Adventsdorf, „Wir warten auf den Nikolaus“ und Mittelalterliche Burg-Weihnacht
Der Gewerbering Erkelenz e.V. beantragt zuzulassen, dass Verkaufsstellen an den genannten Sonntagen im Bereich der Kernstadt von 13 bis 18 Uhr geöffnet haben.
Gemäß § 6 Abs. 1 des Gesetzes zur Regelung der Ladenöffnungszeiten (Ladenöffnungsgesetz NRW - LÖG NRW) dürfen an jährlich höchstens acht, nicht unmittelbar aufeinanderfolgenden Sonn- oder Feiertagen Verkaufsstellen im öffentlichen Interesse ab 13 Uhr bis zur Dauer von fünf Stunden geöffnet sein.
Ein öffentliches Interesse liegt insbesondere vor, wenn die Öffnung 1. im Zusammenhang mit örtlichen Festen, Märkten, Messen oder ähnlichen Veranstaltungen erfolgt,
2. dem Erhalt, der Stärkung oder der Entwicklung eines vielfältigen stationären Einzelhandelsangebotes dient, 3. dem Erhalt, der Stärkung oder der Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche dient, 4. der Belebung der Innenstädte, Ortskerne, Stadt- oder Ortsteilzentren dient oder 5. die überörtliche Sichtbarkeit der jeweiligen Kommune als attraktiver und lebenswerter Standort insbesondere für den Tourismus und die Freizeitgestaltung, als Wohn- und Gewerbestandort sowie Standort von kulturellen und sportlichen Einrichtungen steigert.
Das Vorliegen eines Zusammenhangs im Sinne des Satzes 2 Nummer 1 wird vermutet, wenn die Ladenöffnung in räumlicher Nähe zur örtlichen Veranstaltung sowie am selben Tag erfolgt. Bei Werbemaßnahmen des Veranstalters müssen die jeweiligen Veranstaltungen gemäß Satz 2 Nr. 1 für die Öffnung der Verkaufsstellen im Vordergrund stehen.
Nach § 6 Abs. 4 LÖG NRW wird die zuständige örtliche Ordnungsbehörde ermächtigt, diese Tage nach Absatz 1 durch Verordnungen freizugeben. Die Freigabe kann sich auf bestimmte Bezirke, Ortsteile und Handelszweige beschränken. Innerhalb einer Gemeinde dürfen nach Absatz 1 insgesamt nicht mehr als 16 Sonn- und Feiertage je Kalenderjahr freigegeben werden. Erfolgt eine Freigabe nach Absatz 1 für das gesamte Gemeindegebiet, darf dabei nur ein Adventssonntag freigegeben werden. Erfolgt die Freigabe nach Absatz 1 beschränkt auf bestimmte Bezirke, Ortsteile und Handelszweige, darf nur ein Adventssonntag je Bezirk, Ortsteil und Handelszweig freigegeben werden, insgesamt dürfen jedoch nicht mehr als zwei Adventssonntage je Gemeinde freigegeben werden. Bei der Festsetzung der Öffnungszeiten ist auf die Zeit des Hauptgottesdienstes Rücksicht zu nehmen.
Gemäß § 6 Abs. 4 LÖG NRW sind von der Freigabe der Tage nach Absatz 1 und 4 ausgenommen: 1. die stillen Feiertage im Sinne des Feiertagsgesetzes NW, 2. Ostersonntag, 3. Pfingstsonntag, 4. der 1. und 2. Weihnachtstag und 5. der 1. Mai, der 3. Oktober und der 24. Dezember, wenn dieser Tag auf einen Sonntag fällt.
Mit der Neufassung des Ladenöffnungsgesetzes (Gesetz vom 22.03.2018, GVBl. S. 172) wurde der Anlassbezug abgeschafft und als Voraussetzung für die Festlegung von verkaufsoffenen Sonn- und Feiertagen durch kommunale ordnungsbehördliche Verordnungen das Vorliegen eines öffentlichen Interesses für die Ladenöffnung festgeschrieben.
Das LÖG NRW beschreibt jetzt - nicht abschließend - fünf Sachgründe für ein öffentliches Interesse. Danach genügt es insbesondere nach Ziffer 1, wenn die Öffnung im Zusammenhang mit einer örtlichen Veranstaltung erfolgt. Neu ins Gesetz aufgenommen wurde eine Regelvermutung, nach der von einem Zusammenhang mit einer örtlichen Veranstaltung auszugehen ist, wenn die Ladenöffnung in räumlicher Nähe zur örtlichen Veranstaltung sowie am selben Tag erfolgt.
In Fortführung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes zum Anlassbezug setzt der zentrale Sachgrund des Zusammenhangs mit einer örtlichen Veranstaltung weiterhin voraus, dass die Veranstaltung im Vordergrund steht, und die Ladenöffnung bloßes Anhängsel der Veranstaltung ist. Charakter, Größe, Zuschnitt und Ausstrahlungswirkung der Veranstaltung sind von grundlegender Bedeutung. Gemeint sind Veranstaltungen, die einen beträchtlichen Besucherstrom anziehen und der Besucherstrom also nicht erst durch die Ladenöffnung ausgelöst wird. Liegt eine solche Veranstaltung vor, ist eine Ladenöffnung unmittelbar angrenzend an die Veranstaltung grundsätzlich unstreitig.
Durch den Antragsteller wurden detaillierte Beschreibungen der oben genannten vier Veranstaltungen vorgelegt, die sowohl die Bedeutung der jeweiligen Veranstaltung, die räumliche Ausdehnung als auch die zu erwartenden Besucherströme der Veranstaltung, bereinigt um Besucher, die lediglich einkaufen, darlegen. Die geplanten Ladenöffnungen im Kernstadtbereich grenzen räumlich an die jeweiligen Veranstaltungen an, da die Veranstaltungsflächen gerade auch den Innenstadtbereich umfassen. Die Prognose der voraussichtlichen Besucher ergibt eine hohe, die Einkaufsbesucher weit übersteigende Veranstaltungsbesucherzahl. Die Besucherprognosen wurden detailliert in die Beschreibungen aufgenommen.
Die Erfahrung aus den vergangenen Jahren hat gezeigt, dass jede einzelne, inzwischen bereits traditionell stattfindende Veranstaltung überregional bekannt und beliebt ist und auch ohne das Beiwerk geöffneter Verkaufsstellen weiterhin bestehen kann.
Aus den dargelegten Gründen erscheint die beantragte Ladenöffnung als bloßer Annex zu den Veranstaltungen, die prägend im Vordergrund stehen.
Es ist ermessenfehlerfrei, die parallele Öffnung der Verkaufsstellen für fünf Stunden im direkten, im beigefügten Verordnungsentwurf genauer beschriebenen Umfeld der Veranstaltungen als zulässige Maßnahme zuzulassen, damit weitergehende Bedürfnisse der Veranstaltungsbesucher gedeckt werden können.
Trotz Ausnahmegenehmigung haben die an den verkaufsoffenen Sonntagen teilnehmenden Verkaufsstelleninhaber nachhaltig darauf zu achten, dass sie dem Arbeitsschutz ihrer Arbeitnehmer nach den Vorgaben des Arbeitszeitgesetzes genügen.
Nach § 6 Abs. 7 LÖG NRW sind vor Erlass der Rechtsverordnung zur Freigabe der Tage nach Absatz 1 die zuständigen Gewerkschaften, Arbeitgeber- und Wirtschaftsverbände und Kirchen, die jeweilige Industrie- und Handelskammer und die Handwerkskammer anzuhören.
Bereits nach Eingang des ersten Antrages des Gewerbering e.V. hat die Verwaltung mit Schreiben vom 10.01.2023, versendet per E-Mail am selben Tag, die Verbände und Kirchen gebeten, sich bis zum 25.01.2023 zu den vorgesehenen verkaufsoffenen Sonntagen zu äußern. Die Anhörung bezog sich auf alle vier Veranstaltungen.
Die IHK teilt in ihrer Antwortmail vom 11.01.2023 mit, dass, sofern die Öffnung der betroffenen Verkaufsstellen unter Beachtung der maßgeblichen Anforderungen an Hygiene- und Abstandsregeln rechtlich zum Zeitpunkt der Verkaufsöffnungen zulässig sein sollte, keine durchgreifenden Bedenken gegen das Offenhalten von Verkaufsstellen an den vier genannten Sonntagen in 2023 bestehen. Die IHK weist darauf hin, dass sie im Hinblick auf die rechtliche Zulässigkeit der Verordnung eine abschließende Beurteilung dieser geplanten verkaufsoffenen Sonntage nicht vornehmen könne.
Das Bischöfliche Generalvikariat Aachen führt in seinem Antwortschreiben vom 12.01.2023 aus, dass sich die Festlegung der vier verkaufsoffenen Sonntage zwar im Rahmen der nach § 6 LÖG NRW möglichen verkaufsoffenen Sonntage bewege, aber auch aus Gründen der Kongruenz mit den Stellungnahmen zu Anträgen anderer Städte im Bereich des Bistums Aachen könne sich das Generalvikariat nur mit bis zu zwei verkaufsoffenen Sonntagen einverstanden erklären. Dieses Einverständnis beziehe sich ausdrücklich nicht auf die Adventssonntage, denn der Advent und insbesondere die Adventssonntage dienten der stillen, aber nicht der kommerziell geprägten Vorbereitung auf Weihnachten.
Die Vereinigte Dienstleistungsgewerkschaft (Ver.di) hat mit Schreiben vom 25.01.2023 zu den geplanten vier verkaufsoffenen Sonntagen Stellung genommen und verweist besonders auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichtes vom 01.12.2009, wonach der Landesgesetzgeber verfassungsrechtlich zum Schutz der Sonn- und Feiertagsruhe verpflichtet sei. Dabei müsse er beachten, dass die Erwerbsarbeit in der Regel an Sonn- und Feiertagen ruhen muss. Weiterhin werde vom Bundesverfassungs- und vom Oberverwaltungsgericht NRW angegeben, dass die anlassgebende Veranstaltung im Vordergrund stehen muss und die Gemeinde dies zu belegen und, vor allem durch plausible Abschätzung der jeweiligen Besucherzahlen, nachzuweisen hat. Eine Öffnung sei mithin nur dann zulässig, wenn eine Veranstaltung ohnehin stattfindet und selbst einen erheblichen Besucherstrom auslöst und nicht umgekehrt die Ladenöffnung dem Hauptgrund für den Besucherstrom darstellt. Die Ladenöffnungen dürften lediglich „begleitenden“ Charakter zur Hauptveranstaltung haben. Eine Ausnahme vom Sonn- und Feiertagsschutz sei nur zulässig, wenn es hierfür einen rechtfertigenden Sachgrund gibt und die Ausnahmen für die Öffentlichkeit weiterhin klar erkennbar blieben. Die vorgelegten Begründungen seien aus Sicht von Ver.di nicht ausreichend.
Aufgrund der Stellungnahme von Ver.di hat der Gewerbering beschlossen, die vorgelegten Begründungen nochmals detaillierter auszuarbeiten, um die Bedenken von Ver.di auszuräumen. Da dies zeitlich nicht für alle Veranstaltungen durchführbar war, wurde die Begründung zunächst nur für die Veranstaltung „Bike ´n´Barbecue“ am 07.05.2023 ergänzt und später noch mit den Besucherprognosen vervollständigt. Ver.di hat darauf abschließend geantwortet, dass es der Stadt obliege zu prüfen, ob die Besucherprognose realistisch sei und ob sich der Bereich der Geschäfte, die sich an der Sonntagsöffnung beteiligen, eng auf den Bereich der Kernstadt bezieht.
Inzwischen wurden die Begründungen für die restlichen drei Veranstaltungen nochmals unter Berücksichtigung der Stellungnahme von Ver.di überarbeitet und am 18.04.2023 per E-Mail erneut zur Stellungnahme an Ver.di versandt.
Die IHK und das Bischöfliche Generalvikariat Aachen wurden nicht erneut angehört, da die (ursprünglichen) Begründungen für alle vier Veranstaltungen vorgelegt wurden und von dort aus keine inhaltlichen Stellungnahmen abgegeben wurden. Die vorgebrachten Einwände beinhalten keine zusätzlichen neuen Argumente, die gegen eine Zulassung der beantragten verkaufsoffenen Sonntage sprechen. Den Bedenken des Bischöflichen Generalvikariat kann entgegengestellt werden, dass bei jeder Veranstaltung beachtet wird, dass die Durchführung der Gottesdienste nicht beeinträchtigt wird. Stellungnahmen anderer Verbände liegen nicht vor.
Die Stellungnahme von Ver.di ist am 09.05.2023 eingegangen. Ver.di führt aus, dass eine konkrete Gestaltung der Veranstaltung fehle, die Voraussetzung für die Abschätzung des Besucherinteresses sei. Der Begriff „Kernstadt“ sei zu unbestimmt. Es sei zweifelhaft, ob für den Bereich, der in der Vergangenheit als „Kernstadt“ definiert worden wäre, ein hinreichender räumlicher Zusammenhang zwischen den Ladenöffnungen und den Veranstaltungen gegeben sei. Ver.di verweist auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts. Danach erstrecke sich die Ausstrahlungswirkung also nicht auf den gesamten Einzugsbereich der Veranstaltung und auch nicht auf alle vom Quellverkehr genutzten Verkehrswege und Parkflächen. Ver.di vertritt die Meinung, dass es bemerkenswert erscheine, dass alle Veranstaltungen ungefähr 7.000 – 8.000 finden sollten, die geöffneten Verkaufsstätten aber an allen Tagen nur 2.000 Kunden. Es fehle an jeder Grundlage für die Prognose.
Der Geltungsbereich der Veranstaltungen wurde bereits in den vergangenen Jahren mit Ver.di eingehend besprochen. Bedenken bezüglich der Einbeziehung der „Kölner Straße“ (bis Konrad-Adenauer- Platz) konnten ausgeräumt werden. Tatsächlich gibt es bei allen Veranstaltungen neben dem ursprünglichen zentralen Veranstaltungsbereich an anderen Orten noch kleinere thematisch passende Veranstaltungen, so dass der Veranstaltungsbereich insgesamt die Bereiche der geöffneten Einzelhandelsläden umfasst. Die vorgelegten Veranstaltungsbeschreibungen wurden in der Vergangenheit von Ver.di als ausreichend angesehen. Die Besucherprognose wurde durch den Gewerbering sehr gewissenhaft erstellt. Da alle drei Veranstaltungen inzwischen sehr große Anziehungskraft haben, kommt der Gewerbering auf gleiche Besucherzahlen. Diese Prognose ist von Ver.di nicht mit durchgreifenden Argumenten in Frage gestellt worden.
Eine Übereinstimmung mit Ver.di konnte nicht erzielt werden. Hierzu sei auf die Aussage in der Stellungnahme vom 09.05.2023 „…Deswegen werden verkaufsoffene Sonntage von uns aus grundsätzlichen Erwägungen abgelehnt.“ verwiesen.
Die Stellungnahmen gemäß § 6 Abs. 7 LÖG NRW entfalten keine bindende Wirkung für die Festsetzung der verkaufsoffenen Sonntage. Sie wurden bei der Entscheidung ausreichend berücksichtigt.
Die Festsetzung der drei terminierten verkaufsoffenen Sonntage ist aus Sicht der Verwaltung ermessenfehlerfrei.
Die Verwaltung schlägt daher vor, dem geänderten Antrag des Gewerberings Erkelenz e.V. vom 17.04.2023 zu entsprechen und eine ordnungsbehördliche Verordnung über das Offenhalten von Verkaufsstellen antragsgemäß an den genannten Terminen in der Form zu erlassen, wie sie als Entwurf der Beschlussvorlage beigefügt ist.
Gemäß § 41 Abs. 1 Satz 2 Buchstabe f GO NRW ist der Rat für den Erlass einer ordnungsbehördlichen Verordnung zuständig. Beschlussentwurf (als Empfehlung an den Rat): „Die dem Original der Niederschrift im Entwurf als Anlage beigefügte ordnungsbehördliche Verordnung über die Zulassung von terminierten verkaufsoffenen Sonntagen im Jahr 2023 wird erlassen.“ Finanzielle Auswirkungen: Keine. Anlagen: Antrag Gewerbering mit Veranstaltungsbeschreibungen Stellungnahmen Entwurf der ordnungsbehördlichen Verordnung
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