Bürgerinformationssystem
Tatbestand:
Zu 1.
Rechtliche Grundlage Die Arbeit der Jugendhilfe im Strafverfahren (JuHiS) ist eine Pflichtaufgabe des Jugendamtes und ihre gesetzlichen Grundlagen ergeben sich aus § 52 des 8. Sozialgesetzbuches – Kinder- und Jugendhilfe – (SGB VIII) und § 38 Abs. 2 des Jugendgerichtsgesetzes.
Die Jugendhilfe im Strafverfahren
Inhalts- und Aufgabenbeschreibung Unter 14 Jahren gilt man strafrechtlich als Kind und als nicht schuldfähig. Kinder können somit niemals Beschuldigte in einem Strafverfahren sein. Im Alter von 14 bis 17 Jahren ist man im Auge des Gesetzgebers ein Jugendlicher, für den immer Jugendstrafrecht anzuwenden ist. Zwischen 18 und 21 Jahren gilt man als Heranwachsender. In dieser Altersgruppe kann, abhängig vom Reifezustand des Täters/der Täterin zum Tatzeitpunkt, entweder noch das Jugendstrafrecht oder das Erwachsenenstrafrecht Anwendung finden. Ab 21 Jahren gilt man als Erwachsener und die Anwendung des Jugendstrafrechts ist hier ausgeschlossen.
Die JuHiS wird an allen Strafverfahren gegen Jugendliche und junge Heranwachsende, die zum Tatzeitpunkt 14 bis 20 Jahre alt waren, beteiligt und auf Grundlage der ihr von der Staatsanwaltschaft zugesandten Anklageschriften und Ermittlungsakten sowie bei Meldungen der Polizei tätig.
Einhergehend mit dem „Gesetz zur Stärkung der Verfahrensrechte von Beschuldigten im Strafverfahren“, welches zum 17.12.2019 in Kraft getreten ist, wurden im Jugendstrafverfahren Verfahrensgarantien festgelegt, die u.a. gewährleisten sollen, dass Jugendliche und Heranwachsende, die Verdächtige oder beschuldigte Personen im Strafverfahren sind, diese Verfahren verstehen, ihnen folgen und ihr Recht auf ein faires Verfahren ausüben können. Darüber hinaus wird die wichtige Rolle der JuHiS betont und u.a. verbindlich vorgeschrieben, dass sie schnellstmöglich über eine Einleitung eines Strafverfahrens und eine bevorstehende Beschuldigtenvernehmung informiert und mit in das Verfahren einzubinden ist.
Die Arbeit der JuHiS umfasst folgende Aufgaben und Ziele:
Urteile nach dem Jugendstrafrecht Im Jugendstrafrecht geht es um Erziehung und nicht um Bestrafung. Aus diesem Grunde liegt der Fokus des Verfahrens auch nicht darauf, „welche Strafe“ am Ende der junge Mensch erhalten soll, sondern welche erzieherische Maßnahme die geeignete ist, damit der Straftäter aus seinen Fehlern lernen und zukünftig ein straffreies Leben führen kann.
Das Jugendstrafrecht sieht folgende Sanktionen und Maßnahmen für junge Straftäter vor:
Zu 2.
Die JuHiS ist ein Aufgabebereich der MitarbeiterInnen im Allgemeinen Sozialen Dienst (ASD) des Sachgebietes 04 - „Soziale Dienste“ - im Amt für Kinder, Jugend, Familie und Soziales. Dem Arbeitsprinzip der „Sozialraumorientierung“ folgend übernehmen die 7 ASD-Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die Aufgaben im Rahmen der JuHiS für die in „ihrem Bezirk“ bzw. Zuständigkeitsbereich lebenden straffällig gewordenen Jugendlichen und jungen Heranwachsenden sowie deren Familien.
Statistische Daten zur Jugendhilfe im Strafverfahren Die Entwicklung der Fallzahlen im Bereich der Jugendhilfe im Strafverfahren der vergangenen vier Jahre stellt sich wie folgt dar:
JGH-Fälle 2018 – 2021 gesamt
JGH-Fälle 2018
JGH-Fälle 2019
JGH-Fälle 2020
JGH-Fälle 2021
Hauptverfahren Bei einem Hauptverfahren findet immer ein Gerichtstermin statt, an dem die Teilnahme der JuHiS notwendig ist. In diesem Termin wird geprüft, ob das Jugendgericht die Tatvorwürfe für erwiesen hält. Der Ablauf der Verhandlung ist klar geregelt. Anwesend sind die Staatsanwaltschaft, der Richter, der Angeklagte (ggf. Personensorgeberechtigte), ggf. Zeugen und die JuHiS. Die JuHiS muss im Vorfeld eine Stellungnahme gem. §38 JGG erstellen und in diesem die sozialen und erzieherischen Gesichtspunkte des Angeklagten darstellen. Sollte das Gericht den Angeklagten für schuldig empfinden gibt es unterschiedliche Verfahrensausgänge, zum Beispiel eine Einstellung des Verfahrens mit Auflagen, ein Urteil oder ein Beschluss.
Ermittlungsverfahren Kann die Staatsanwaltschaft im Rahmen des Ermittlungsverfahrens keinen sog. hinreichenden Tatverdacht feststellen, stellt sie das Verfahren mangels Verfolgbarkeit ein.
Vereinfachtes Verfahren Ein vereinfachtes Verfahren gibt es bei geringfügigen Delikten, es erfolgt in der Regel kein Gerichtstermin und wenn es einen Gerichtstermin gibt, wird ohne die Staatsanwaltschaft verhandelt. Meist wird das Verfahren eingestellt ggf. mit einer Auflage, wie zum Beispiel eine geringe Anzahl an Arbeitsstunden.
Diversion Bei einer Diversion erfolgt quasi ein „Deal“ zwischen der Staatsanwaltschaft und dem Jugendlichen. Voraussetzung ist, dass sich der Jugendliche einsichtig zeigt und es sich bei dem Fehlverhalten um eine leichte oder mittelschwere Straftat ohne gravierende Schädigungen handelt. Es besteht die Möglichkeit der Verfahrenseinstellung, wenn eine Wiedergutmachung erfolgt, wie beispielsweise die Teilnahme am Sozialen Trainingskurs, Ableistung von Arbeitsstunden etc.
Strafbefehl: Ein vereinfachtes Verfahren zur Bewältigung von leichter Kriminalität. Es gibt ein rechtskräftiges Urteil ohne mündliche Verhandlung. Ein Strafbefehl ist nur bei Heranwachsenden möglich, nicht bei Jugendlichen. Es ist dann zulässig, wenn Erwachsenenstrafrecht angewandt wird. In der Regel kommt es zu einer Geldstrafe, eine Freiheitsstrafe kann nicht verhängt werden.
Während die JuHiS die Initiierung, Begleitung und Überwachung von Betreuungsweisungen und gemeinnützigen Arbeitseinsätze (Sozialstunden) übernimmt, wird dem Sozialdienst Katholischer Frauen und Männer Erkelenz die Durchführung der weiteren o.g. Weisungen und Auflagen übertragen. Der SKFM arbeitet seit Jahren mit straffällig gewordenen Jugendlichen und jungen Heranwachsenden im Kreis Heinsberg und führt in enger Kooperation mit den kreisangehörigen Jugendämtern deliktspezifische Gruppenangebote und Einzelbetreuungen durch.
Zu 3.
Um die Entwicklung von besonders kriminalitätsgefährdeten Kindern und Jugendlichen zum „Intensivtäter“ möglichst frühzeitig erkennen und nachhaltig verhindern zu können, hat die Polizei NRW die Initiative „Kurve kriegen“ ins Leben gerufen. Die kriminalpräventive NRW-Initiative „Kurve kriegen“ basiert auf den Handlungsempfehlungen des Abschlussberichts der Enquetekommission „Prävention“ des Landtags NRW aus dem Jahre 2010. Durch kriminalpräventive Angebote sollen Kinder und Jugendliche zu einem möglichst frühen Zeitpunkt ihrer „kriminellen“ Karriere in den Blick genommen und ihnen und ihren Familien Beratung und Unterstützung geleistet werden, um weitere Straftaten und eine Verhärtung des delinquenten Verhaltensmusters entgegenwirken zu können.
Im Kreis Heinsberg arbeitet die Polizei im Rahmen der Initiative „Kurve kriegen“ mit sozialpädagogischen Fachkräften des SKFM Erkelenz zusammen. Diese stellen im Folgenden dem Jugendhilfeausschuss die Ausgangslage, Rahmenbedingungen und Zielsetzungen der Initiative „Kurve kriegen“ vor. Beschlussentwurf (in eigener Zuständigkeit): „Der Jugendhilfeausschuss nimmt die Darstellung zum Arbeitsgebiet „Jugendhilfe im Strafverfahren“ und der Initiative „Kurve kriegen“ zur Kenntnis.“ Finanzielle Auswirkungen: keine
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