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Vorlage - A 61/595/2021  

 
 
Betreff: Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Rat der Stadt Erkelenz vom 15.04.2021: Mitfahrbänke
Status:öffentlich  
Federführend:Planungsamt   
Beratungsfolge:
Ausschuss für Stadtentwicklung, Wirtschaftsförderung, Verkehr und Digitalisierung Entscheidung
21.09.2021 
7. Sitzung des Ausschusses für Stadtentwicklung, Wirtschaftsförderung, Verkehr und Digitalisierung ungeändert beschlossen   

Sachverhalt
Beschlussvorschlag
Finanzielle Auswirkungen
Anlage/n
Anlagen:
Antrag der Fraktion Bd. 90 Die Grünen vom 15.04.2021  

Tatbestand:

Mit Datum vom 15.04.2021 beantragt die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Rat der Stadt Erkelenz eine Beratung nachfolgenden Antrags in den zuständigen Ausschüssen:

 

„Die Stadt Erkelenz spricht sich für die Einführung von „Mitfahrbänken“ als Ergänzung zum ÖPNV aus und prüft in diesem Zusammenhang mögliche geeignete Standorte für diese, insbesondere in den Dörfern. Die BZA sind in die Standortermittlung einzubeziehen.“

 

Zur Begründung wird auf die Anlage verwiesen.

 

Die Verwaltung führt zum Antrag aus:

Die im Antrag genannten Mitfahrbänke sind speziell gekennzeichnete Bänke, die Mitfahrwilligen die Möglichkeit bieten nach dem Prinzip des Trampens von Autofahrern mitgenommen zu werden. Sie sollen vor allem älteren Menschen und Jugendlichen eine Mitfahrgelegenheit bieten, wo der Bus nur noch selten oder gar nicht mehr fährt. Im Antrag wird dabei explizit auf die Abendstunden und das Wochenende hingewiesen.

 

Grundsätzlich können Mitfahrbänke als Ergänzung zu den öffentlichen Verkehrsmitteln eine weitere Möglichkeit bieten, andere Ortschaften zu erreichen.

 

Die Verwaltung weist in diesem Zusammenhang auf das Angebot „Multi Bus“ der Westverkehr hin.

 

Es werden nachfolgend Angaben der West zitiert:

 

Was ist der MultiBus?

Der MultiBus ist ein mit Kleinbussen betriebenes, bedarfsorientiertes Angebot der west. Der MultiBus hat keinen festen Linienweg und fährt unsere Kunden nach Vorbestellung von Haltestelle zu Haltestelle.

 

Der MultiBus wird vor allen in ländlichen Bereichen im Kreis Heinsberg mit schwachem Linienangebot bzw. zu Schwachverkehrszeiten eingesetzt.“

 

Welche Vorteile bietet der MultiBus?

 

     Lange Bedienzeiten (am Wochenende bis 02:00 Uhr)

     Günstig fahren mit dem AVV-Tarif

     Platz für Kinderwagen, Rollstuhl, Rollator, Fahrrad und sonstiges Gepäck

     Einfach und schnelle Buchungsmöglichkeit online sowie telefonisch

 

Wann fährt der MultiBus?

 

Der MultiBus steht Ihnen kreisweit zu den folgenden Zeiten zur Verfügung:

 

Montag – Donnerstag 20:00 – 01:00 Uhr*

Freitag   20:00 – 02:00 Uhr

Samstag   06:30 – 02:00 Uhr

Sonn- und Feiertag  09:00 – 01:00 Uhr*

 

* vor Feiertagen bis 02:00 Uhr

 

Wie funktioniert der MultiBus?

 

Bitte rechtzeitig bis spätestens 60 Min. vor dem gewünschten Fahrtantritt die MultiBus-Nummer 02431 88-6688 anrufen: Dabei den Namen, die Adresse, den gewünschten Abfahrtsort, die gewünschte Abfahrtszeit und das Fahrtziel sowie die Personenzahl nennen.

Der Fahrtwunsch wird von der MultiBus-Zentrale bestätigt und dabei die Abfahrtshaltestelle, die genaue Abholzeit sowie ggfs. notwendige Umsteigehaltestellen  und –zeiten genannt.

Behinderte Menschen in Rollstühlen können problemlos die Fahrt mit dem MultiBus genießen. Auch ein Kinderwagen hat Platz im modernen Fahrzeug der west.

Bitte geben Sie an, wenn für die Mitfahrt ein Rollstuhl, ein Kinderwagen oder ein Fahrrad vorgesehen ist.“

 

Buchbar ist der Multi Bus auch online über https://west-multibus.de/login

 

Der Multi Bus deckt damit die Lücke im ÖPNV Angebot ab, welche im Antrag benannt wird. Im Gegensatz zu einer Mitfahrbank ist hier jedoch vorab der Fahrtwunsch mitzuteilen und kann nicht spontan erfolgen. Dafür ist eine Fahrt gesichert, was bei einem Warten auf einer Mitfahrbank, insbesondere am Abend und am Wochenende nicht garantiert ist.

 

Erfahrungen aus anderen Kommunen bestätigen dies:

Bundesweit greift der Trend der speziell gekennzeichneten Sitzbänke da um sich, wo der Bus nur noch selten fährt - oder gar nicht mehr. Ein System, das auf Dörfern Anwendung findet, wo fast jeder jeden vom Sehen her kennt. Es bildet daher eine Erweiterung von Fahrgemeinschaften und der Nachbarschaftshilfe. Eine Lösung aller Mobilitätsprobleme im ländlichen Raum ist sie allerdings auch nicht, denn die Erfahrung hat gezeigt, dass nicht jeder gleich schnell von der Mitfahrbank mitgenommen wird.

 

Trotz der positiven Effekte müssen folgende Dinge kritisch betrachtet werden.

  • Nicht auszuschließen ist, dass diese Mitfahrgelegenheit auch für Straftaten genutzt wird. (s. Stellungnahme des LKA)
  • Das Funktionieren des Systems ist nicht gesichert. (Verhalten und Reaktion der Beteiligten).
  • Es ist heute nicht mehr üblich, dass sich alle in den Ortschaften kennen, die über diesen Weg in Kontakt kommen.
  • Wenn jemand den Dienst in Anspruch nimmt, ist ungeklärt, wie diese(r) wieder an den Ausgangspunkt zurückkommt.
  • Entsprechende Standorte für Bänke müssen vorhanden sein.

 

Eine Anfrage beim Zukunftsnetz Mobilität NRW bestätigt dies:

Kollegen aus dem Rhein-Sieg-Kreis haben die Einschätzung des Landeskriminalamtes zur Verfügung gestellt, welches das Aufstellen von Mitfahrbänken grundsätzlich nicht empfiehlt:

 

  • Potentielle Täter könnten die Mitfahrbank als Antreffort vermeintlicher Opfer missbrauchen. Besonders gefährdet sind hierbei Kinder, Jugendliche, Senioren und Alleinmitfahrer. Die Anonymität und die Möglichkeit, unverabredet auf wartende Menschen zu treffen schafft Tatgelegenheiten und wirkt tatbegünstigend.
  • Für den Mitfahrer ist nicht immer klar erkennbar, ob der Fahrer zum Zeitpunkt der Mitnahme fahrtauglich ist. Die Fahrtauglichkeit kann unter anderem durch Alkohol, Drogen, Medikamente, Krankheiten oder Müdigkeit beeinträchtigt sein. Eine etwaige Verkehrsuntüchtigkeit stellt eine Gefahr für die Pkw-Insassen dar.
  • Ein mangelhafter technischer Zustand des mitnehmenden Fahrzeuges, stellt eine weitere Gefahr dar.
  • Zur Organisation der Rückfahrt fehlt jegliche Information. Sie scheint dem Zufall überlassen zu sein.

 

Das Aufstellen von Mitfahrbänken wird aus Sicht des LKA NRW nicht empfohlen.

Dort wo solche Bänke schon existieren, ist ein Sicherheitskonzept erforderlich, dass die Nutzung durch Minderjährige ausschließt. Mitfahrgelegenheiten mit Unbekannten sollten nach Möglichkeit vermieden werden.

 

Die erwachsenen Nutzer von Mitfahrbänken sollten folgende Sicherheits-empfehlungen beachten:

  • Mindestens ein Angehöriger erhält per Kurznachricht oder Telefonat über die Nutzung der jeweiligen Mitfahrgelegenheit an der jeweiligen Mitfahrbank Kenntnis, nach Möglichkeit unter Weitergabe des amtlichen Kennzeichens der Mitfahrgelegenheit.
  • Unseriös wirkende Mitfahrgelegenheiten sollte der Nutzer höflich ausschlagen.

 

Sollten trotz zuvor genannter Rahmenbedingungen (u.a. MultiBus und Einschätzung des LKA) Mitfahrbänke aufgestellt werden, sollten diese grundsätzlich nicht an den Hauptstraßen stehen, um eine Kannibalisierung des ÖPNV auszuschließen. Stattdessen können Mitfahrerbänke in Straßen stehen, die in Richtung anzubindender kleiner Orte im Außenbereich führen. Dies hat außerdem den Vorteil, dass es dann eher in Richtung Nachbarschaftshilfe tendiert. Steht die Mitfahrerbank direkt an der Straße in Richtung anzufahrender kleiner Ortschaft, ist die Wahrscheinlich größer, dass dort jemand Bekanntes vorbeikommt, was einschlägige Sicherheitsbedenken ein Stück weit relativiert.

 

Nach Rücksprache mit dem Kreis Heinsberg als Aufgabenträger des ÖPNV, bestätigt dieser diese Vorgehensweise um keine Kannibalisierung des ÖPNV zu forcieren. Mitfahrbänke sollten, wenn überhaupt nicht in Nähe von Haltestellen des ÖPNV platziert werden.

 

Die Verwaltung empfiehlt den Antrag abzulehnen.


Beschlussentwurf (in eigener Zuständigkeit):

„…“


Finanzielle Auswirkungen:

Eine erste grobe Kostenschätzung geht von ca. 1.000,- Euro pro Mitfahrbank aus.

Diese Summe deckt dabei die Bank an sich sowie klappbare Schilder ab.


Anlage:

Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Rat der Stadt Erkelenz vom 15.04.2021

Anlagen:  
  Nr. Name    
Anlage 1 1 Antrag der Fraktion Bd. 90 Die Grünen vom 15.04.2021 (1373 KB)