Bürgerinformationssystem
Tatbestand: Mit Datum vom 15.04.2021 beantragt die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Rat der Stadt Erkelenz eine Beratung nachfolgenden Antrags in den zuständigen Ausschüssen:
„Die Stadt Erkelenz spricht sich für die Einführung von „Mitfahrbänken“ als Ergänzung zum ÖPNV aus und prüft in diesem Zusammenhang mögliche geeignete Standorte für diese, insbesondere in den Dörfern. Die BZA sind in die Standortermittlung einzubeziehen.“
Zur Begründung wird auf die Anlage verwiesen.
Die Verwaltung führt zum Antrag aus: Die im Antrag genannten Mitfahrbänke sind speziell gekennzeichnete Bänke, die Mitfahrwilligen die Möglichkeit bieten nach dem Prinzip des Trampens von Autofahrern mitgenommen zu werden. Sie sollen vor allem älteren Menschen und Jugendlichen eine Mitfahrgelegenheit bieten, wo der Bus nur noch selten oder gar nicht mehr fährt. Im Antrag wird dabei explizit auf die Abendstunden und das Wochenende hingewiesen.
Grundsätzlich können Mitfahrbänke als Ergänzung zu den öffentlichen Verkehrsmitteln eine weitere Möglichkeit bieten, andere Ortschaften zu erreichen.
Die Verwaltung weist in diesem Zusammenhang auf das Angebot „Multi Bus“ der Westverkehr hin.
Es werden nachfolgend Angaben der West zitiert:
„Was ist der MultiBus? Der MultiBus ist ein mit Kleinbussen betriebenes, bedarfsorientiertes Angebot der west. Der MultiBus hat keinen festen Linienweg und fährt unsere Kunden nach Vorbestellung von Haltestelle zu Haltestelle.
Der MultiBus wird vor allen in ländlichen Bereichen im Kreis Heinsberg mit schwachem Linienangebot bzw. zu Schwachverkehrszeiten eingesetzt.“
Welche Vorteile bietet der MultiBus?
• Lange Bedienzeiten (am Wochenende bis 02:00 Uhr) • Günstig fahren mit dem AVV-Tarif • Platz für Kinderwagen, Rollstuhl, Rollator, Fahrrad und sonstiges Gepäck • Einfach und schnelle Buchungsmöglichkeit online sowie telefonisch
Wann fährt der MultiBus?
Der MultiBus steht Ihnen kreisweit zu den folgenden Zeiten zur Verfügung:
Montag – Donnerstag 20:00 – 01:00 Uhr* Freitag 20:00 – 02:00 Uhr Samstag 06:30 – 02:00 Uhr Sonn- und Feiertag 09:00 – 01:00 Uhr*
* vor Feiertagen bis 02:00 Uhr
Wie funktioniert der MultiBus?
Bitte rechtzeitig bis spätestens 60 Min. vor dem gewünschten Fahrtantritt die MultiBus-Nummer 02431 88-6688 anrufen: Dabei den Namen, die Adresse, den gewünschten Abfahrtsort, die gewünschte Abfahrtszeit und das Fahrtziel sowie die Personenzahl nennen.
Buchbar ist der Multi Bus auch online über https://west-multibus.de/login
Der Multi Bus deckt damit die Lücke im ÖPNV Angebot ab, welche im Antrag benannt wird. Im Gegensatz zu einer Mitfahrbank ist hier jedoch vorab der Fahrtwunsch mitzuteilen und kann nicht spontan erfolgen. Dafür ist eine Fahrt gesichert, was bei einem Warten auf einer Mitfahrbank, insbesondere am Abend und am Wochenende nicht garantiert ist.
Erfahrungen aus anderen Kommunen bestätigen dies: Bundesweit greift der Trend der speziell gekennzeichneten Sitzbänke da um sich, wo der Bus nur noch selten fährt - oder gar nicht mehr. Ein System, das auf Dörfern Anwendung findet, wo fast jeder jeden vom Sehen her kennt. Es bildet daher eine Erweiterung von Fahrgemeinschaften und der Nachbarschaftshilfe. Eine Lösung aller Mobilitätsprobleme im ländlichen Raum ist sie allerdings auch nicht, denn die Erfahrung hat gezeigt, dass nicht jeder gleich schnell von der Mitfahrbank mitgenommen wird.
Trotz der positiven Effekte müssen folgende Dinge kritisch betrachtet werden.
Eine Anfrage beim Zukunftsnetz Mobilität NRW bestätigt dies: Kollegen aus dem Rhein-Sieg-Kreis haben die Einschätzung des Landeskriminalamtes zur Verfügung gestellt, welches das Aufstellen von Mitfahrbänken grundsätzlich nicht empfiehlt:
Das Aufstellen von Mitfahrbänken wird aus Sicht des LKA NRW nicht empfohlen. Dort wo solche Bänke schon existieren, ist ein Sicherheitskonzept erforderlich, dass die Nutzung durch Minderjährige ausschließt. Mitfahrgelegenheiten mit Unbekannten sollten nach Möglichkeit vermieden werden.
Die erwachsenen Nutzer von Mitfahrbänken sollten folgende Sicherheits-empfehlungen beachten:
Sollten trotz zuvor genannter Rahmenbedingungen (u.a. MultiBus und Einschätzung des LKA) Mitfahrbänke aufgestellt werden, sollten diese grundsätzlich nicht an den Hauptstraßen stehen, um eine Kannibalisierung des ÖPNV auszuschließen. Stattdessen können Mitfahrerbänke in Straßen stehen, die in Richtung anzubindender kleiner Orte im Außenbereich führen. Dies hat außerdem den Vorteil, dass es dann eher in Richtung Nachbarschaftshilfe tendiert. Steht die Mitfahrerbank direkt an der Straße in Richtung anzufahrender kleiner Ortschaft, ist die Wahrscheinlich größer, dass dort jemand Bekanntes vorbeikommt, was einschlägige Sicherheitsbedenken ein Stück weit relativiert.
Nach Rücksprache mit dem Kreis Heinsberg als Aufgabenträger des ÖPNV, bestätigt dieser diese Vorgehensweise um keine Kannibalisierung des ÖPNV zu forcieren. Mitfahrbänke sollten, wenn überhaupt nicht in Nähe von Haltestellen des ÖPNV platziert werden.
Die Verwaltung empfiehlt den Antrag abzulehnen. Beschlussentwurf (in eigener Zuständigkeit): „…“ Finanzielle Auswirkungen: Eine erste grobe Kostenschätzung geht von ca. 1.000,- Euro pro Mitfahrbank aus. Diese Summe deckt dabei die Bank an sich sowie klappbare Schilder ab. Anlage: Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Rat der Stadt Erkelenz vom 15.04.2021
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