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Vorlage - A 80/006/2021  

 
 
Betreff: Arbeitsprogramm des Zweckverbands LANDFOLGE Garzweiler und Vorstellung des Werkstattverfahrens Innovation Valley
Status:öffentlich  
Federführend:Amt für Strukturwandel und Wirtschaftsförderung   
Beratungsfolge:
Ausschuss für Braunkohle, Strukturwandel und LandFolge Entscheidung
15.03.2021 
2. Sitzung des Ausschusses für Braunkohle, Strukturwandel und LandFolge zur Kenntnis genommen   

Sachverhalt
Beschlussvorschlag
Finanzielle Auswirkungen
Anlage/n

Tatbestand:

Drehbuch Tagebaufolge(n)Landschaft Garzweiler

Die vier Verbandskommunen, Mönchengladbach, Erkelenz, Jüchen und Titz sowie Vertreter anderer regionaler Einrichtungen haben 2016 in einer Planungswerkstatt die unterschiedlichen Herausforderungen und Zielvorstellungen des Betrachtungsraumes diskutiert und in einem Handlungsrahmen miteinander in Beziehung gesetzt. Dies mündete in einem Konzept, dem sogenannten „Drehbuch zur Tagebaufolge(n)landschaft Garzweiler“, welches eine Grundlage für alle weiteren planerischen Schritte bis zum Jahr 2035 bilden soll.

 

Es beschreibt eine Herangehensweise an die räumliche und zeitliche Entwicklung der Tagebaufolgelandschaft und ihrer Umgebung. Diese wurde räumlich in vier große Bereiche gegliedert: Im Osten die Reallaborlandschaft, in der Mitte das Innovation Valley, im Westen der See und verbindend das Grüne Band. Dabei wurden sowohl soziale als auch ökologische und wirtschaftliche Dimensionen des Wandels betrachtet. Mit dem „Drehbuch“ lag somit erstmals ein verbindendes, positives Zukunftsbild für den Raum vor.

 

 

Handlungskonzept und Exzellenzregion Nachhaltiges Bauen

Nach der Gründung der Geschäftsstelle in Kuckum im Oktober 2018 wurde ein Handlungskonzept zur Konkretisierung des Drehbuchs und zur Strukturierung der Arbeit und Vorbereitung von Förderanträgen erarbeitet und in der Verbandsversammlung am 5. Juni 2019 beschlossen. „Das Handlungskonzept verfolgt das Ziel, das Drehbuch weiter zu konkretisieren und umzusetzen. Es zeigt die Handlungsschwerpunkte für den Zeitraum 2019-2023 auf. Somit erfolgt eine Prioritätensetzung und Festlegung der Aufgabenverteilung zwischen den Mitgliedskommunen und dem Zweckverband. (…) Neben dem Aufbau regionaler Partnerschaften und der Mitarbeit an den regionalen Konzepten muss das Entwicklungskonzept für das Verbandsgebiet weiter profiliert und vertieft werden. Hierzu werden Leitbilder, Konzepte und Masterpläne für die räumlichen Teilbereiche erstellt. Parallel soll in jeder Mitgliedsgemeinde ein Initialprojekt planerisch entwickelt und dann baulich umgesetzt werden. Im Grünen Band können weitere Teilbereiche realisiert und Aktionen gestartet werden.“

 

In der gleichen Verbandsversammlung wurde auch das Ziel einer „Exzellenzregion Nachhaltiges Bauen“ als ein wichtiger Beitrag zur Entwicklung des Verbandsgebiets beschlossen. Es baut auf das in der Euregio laufende Projekt „Healthy Building Network“ auf und formuliert, auch im Zusammenhang mit einer angedachten „Internationalen Bau- und Technologieausstellung Rheinisches Zukunftsrevier“, eine Ambition für Bauvorhaben im Verbandsgebiet.

 

 

Leitbild Grünes Band

Mit Fördermitteln aus dem Programm Unternehmen Revier wurde von 2018 bis 2019 durch das beauftragte Planungsbüro LAND Germany ein Leitbild für das „Grüne Band“ erarbeitet. Entlang eines Rundwegs um den Tagebau Garzweiler soll sich durch unterschiedliche „grüne“ Landnutzungen und die Integration von baulicher Infrastruktur eine attraktive, die umliegenden Orte verbindende grüne Infrastruktur entwickeln. Dabei werden Synergien zwischen verschiedenen Landschaftsfunktionen wie Produktion, Biodiversität und Erholung angestrebt. Im Sinne eines Baukastens kann das Leitbild in den vertiefenden Planungen einzelner Standorte situationsgerecht angewandt werden. In einem ersten Entwicklungsschritt soll eine Umrundung des Tagebaus mit dem Fahrrad ermöglicht und die Realisierung erster Teilabschnitte angestrebt werden. In der Verbandsversammlung am 19. November 2019 wird das Leitbild für das „Grüne Band“ als Grundlage für weitere Planungen und die schrittweise Umsetzung des Projekts beschlossen.

 

 

Verkehrsstudie und Arbeitskreis Verkehr

Zur Koordination und Stärkung des Themas Verkehrsinfrastruktur/Mobilität wurde auf Initiative der Fraktionen ein Arbeitskreis eingerichtet. Er hat unter anderem die Erarbeitung einer Verkehrsstudie durch das Büro Richter-Richard in 2019/2020 begleitet. Mit der Studie wurden alle vorhandenen Planungen zusammentragen und wichtige Handlungsbereiche identifiziert. Die Studie war bereits eine wichtige Grundlage für die Leitbildentwicklung Innovation Valley und für die abgestimmte Stellungnahme zur Leitentscheidung. Der Arbeitskreis wird auch in 2021 die Aktivitäten der Verbandskommunen sowie des Zweckverbands koordinierend begleiten.

 

 

Leitbildentwicklung Innovation Valley

Für das Projekt „Innovation Valley“ wurde, unterstützt mit Fördermitteln aus dem gleichen Programm, in 2020 ein weiterer Leitbildprozess durchgeführt. Das beauftragte Planungsbüro FSW bereitete daraufhin eine Planungswerkstatt vor. Drei international besetzte Planungsteams aus Schweden, den Niederlanden und Deutschland wurden eingeladen, sich Gedanken über die Zukunft des Raums zu machen, weiter an dem strategischen Konzept zu arbeiten und jeweils ein inhaltliches und räumliches Programm zu entwickeln. Mitte August 2020 fand die Werkstatt in Erkelenz statt. In zwei öffentlichen Foren wurden mit der Bürgerschaft sowie regionalen Akteuren Ideen und Hinweise diskutiert. Am Ende der Woche tagte die Empfehlungskommission, bestehend aus Fach- und Sachpreisrichtern unter Leitung von Prof. Johannes Ringel, um für die drei vorgestellten Leitbildentwürfe eine Bewertung und Empfehlungen zum weiteren Umgang mit den Ergebnissen abzugeben. Nach intensiven Diskussionen der Jury wurde einstimmig der Entwurf des Teams Schweden unter Federführung von Johannes Tovatt auf Rang 1 gesetzt. Die beiden anderen Teams aus den Niederlanden (KCAP) und Deutschland (Cityförster) teilen sich den zweiten Rang.

Gegenüber dem „Drehbuch zur Tagebaufolge(n)landschaft Garzweiler“ von 2016 stellen die Ergebnisse eine konzeptionelle Weiterentwicklung dar. So lassen sich aus allen drei Arbeiten sowohl wichtige übergreifende Erkenntnisse, als auch eine Vielzahl einzelner guter Ansätze ableiten. Insgesamt soll der Beitrag des Teams Schweden somit als Orientierung für die weitere Entwicklung des Projekts und der gesamten Tagebaufolgelandschaft Garzweiler dienen. Zur Präsentation und Kommunikation wurde der Beitrag Ende 2020 überarbeitet. Das Strukturkonzept stellt einen strategischen Ansatz dar, ist jedoch nicht als umsetzungsfähiger Masterplan zu verstehen.

 

Die Dokumentation der Planungswerkstatt sowie die Pläne der Überarbeitung stehen unter: www.innovation-valley.de zum Download zur Verfügung.

 

Die Ergebnisse der Leitbildentwicklung stellen eine Grundlage für die Positionierung des Zweckverbands zur Entwicklung und Rekultivierung des Tagebaus Garzweiler dar. In die Stellungnahme zur neuen Leitentscheidung sowie in das laufende Braunkohlen-Planverfahren sind erste Aspekte bereits eingeflossen.

 

Darüber hinaus sind die planerischen Aussagen wichtig für den laufenden Prozess der ZRR zur Entwicklung einer zukunftsfähigen Raumstrategie. Frau Professor Reicher, als Leiterin des „Revierknotens Raum“, war in die Werkstatt eingebunden. Zum einen muss der Teilraum der Tagebaufolgelandschaft Garzweiler sich im Kontext der Strategie des gesamten Rheinischen Reviers entwickeln, zum anderen muss er auch über seine engeren Grenzen mit der Umgebung vernetzt sein. Für die angedachte Entwicklung der Tagebaufolgelandschaft mit neuer Infrastruktur und neuen Standorten für Wohnen, Freizeit und Gewerbe müssen neue Wege im Planungsrecht beschritten werden. Hierfür können mit dem Revierknoten Raum und in Kooperation mit der Landes- und Regionalplanung Instrumente gefunden werden, die eine effektive Schnittstelle zwischen den verschiedenen räumlichen Planungsebenen und den bergbaulichen Planungs- und Genehmigungsprozessen gewährleisten.

 

In 2020 wurde durch den Zweckverband im SofortprogrammPLUS eine Projektskizze „Innovation Valley Garzweiler“ eingereicht. Durch den Aufsichtsrat der ZRR wurde das Projekt befürwortet („2. Stern“). Zurzeit werden Förderzugänge geprüft. Mit der Einreichung eines oder mehrerer Förderanträge wird in 2021 gerechnet. Ziel dieses Projektantrags ist es zum einen, den Strukturplan inhaltlich und räumlich weiter zu konkretisieren. Hierzu werden im Arbeitspaket 2 Planungsmittel beantragt, mit denen bestimmte Themen näher untersucht und für bestimmte Bereiche weiterführende Teilpläne erarbeitet werden. In einem parallelen Innovationsprozess soll im Dialog mit Unternehmen und anderen relevanten Akteuren das Profil und der Prozess regional verankert werden. Mit Partnern aus Wissenschaft und Wirtschaft sollen Projekte entwickelt werden, die im Folgenden im „Innovation Valley Garzweiler“ und seiner Umgebung in skalierter Form räumlich und wirtschaftlich umgesetzt werden. Zum anderen soll an den bereits heute nutzbaren Tagebaurandbereichen im Norden und Süden jeweils ein thematisch ausgerichteter „Raumpionier“ als „Wissens- und Innovationshub“ entstehen. Aus diesen beiden Raumpionieren heraus sollen dann gemeinsam mit dort anzusiedelnden Partnern aus Wissenschaft und Wirtschaft Projekte entwickelt werden, die im Folgenden im Innovation Valley in skalierter Form räumlich und wirtschaftlich umgesetzt werden. In diesem großflächigen Reallabor können die in den 20er Jahren entwickelten Innovationen des Rheinischen Reviers in den 30er und 40er-Jahren zu einem Demonstrationsraum für eine visionäre, hybride Kultur- und Produktionslandschaft des 21. Jahrhunderts integriert werden. Darüber hinaus können im Umfeld auch weitere Innovationsorte entstehen, die über die Tagebaufolgelandschaft hinausgehen.

 

 

Projektentwicklung / Förderanträge

Im Grünen Band wurden in Kooperation mit RWE kleinere Maßnahmen umgesetzt und damit für die Bürgerschaft erste sichtbare Zeichen gesetzt. So wurde südlich von Jüchen eine naturnahe Fläche mit kleinem Aussichtspunkt gestaltet, die in 2021 nach Westen erweitert wird. Auf dieser Fläche sowie in Jackerath und Holzweiler wurden Stelen errichtet und eine Markierung der Radwege durchgeführt. Auf dem Marktplatz in Wanlo wurden in Kooperation mit der Baumschule Schmitz aus Kaarst vier Bäume in Kübeln aufgestellt.

 

Für das Dokumentationszentrum Tagebau Garzweiler wurde eine Planungsstudie durch das Büro HJPplaner erarbeitet. Die hierfür gebildete Projektgruppe hat diesen Prozess intensiv begleitet. Parallel erfolgte die Kontaktaufnahme mit Vertretern der umgesiedelten Orte und anderen relevanten Institutionen zur Recherche einer möglichen Zusammenarbeit und konkreter Archivbestände als Grundlage für eine spätere Ausstellungskonzeption. Es zeigt sich eine breite Unterstützung für das Projekt. Der Fundus an archivierten Materialien ist groß, aber bislang stark zerstreut. Die Planungsstudie entwickelt in zwei Varianten ein tragfähiges Konzept, welches in der Folge weiter ausgearbeitet werden muss. Mit dem Beschluss der Verbandsversammlung am 25. Juni 2020 wurde die Grundlage für die weitere Projektentwicklung gelegt. Ein Realisierungswettbewerb sowie der Grunderwerb werden vorbereitet und an einer Trägerstruktur gearbeitet.

Mit dem Innovationspark Erneuerbare Energie Jüchen soll im östlichen Bereich des Tagebaus Garz-weiler ein wichtiger Beitrag zur Energiewende im Rheinischen Braunkohlerevier geleistet werden. Ziel ist es, in einem großflächigen Energiesystem Erneuerbare Energie zu erzeugen, zu speichern und zu nutzen. Dafür ist es wichtig, Energieproduktion und landwirtschaftliche Landnutzung gemeinsam zu betrachten. Neben der Verknüpfung mit Entwicklungsstandorten als potenzielle Stromabnehmer ist auch die Forschung und Entwicklung im erlebbaren Reallabor Teil des Projekts.

Für die planerische Untersetzung und die Realisierung von investiven Projekten ist die Akquise von Fördermitteln erforderlich. Hier liegt somit ein deutlicher Handlungsschwerpunkt. Zwar ist eine längere Vorlaufzeit erforderlich, dafür wird dann mittelfristig aber eine deutlich größere Wirkung erzielt. Zur Finanzierung der Eigenanteile ist in der mittelfristigen Haushaltsplanung bereits eine zu erwartende Erhöhung der Verbandsumlage dargestellt.

 

Folgende Förderprojekte laufen bereits:

- Innovationspark Erneuerbare Energien Jüchen – Konzeptstudie (Förderung im Sofortprogramm Strukturwandel Rheinisches Revier)

- Aktionsnetzwerk Zukunftsdörfer (Förderprogramm Unternehmen Revier)

- Gesamtregionales Radverkehrskonzept (Förderprogramm des Bundes Innovative Radverkehrsprojekte und Förderprogramm Radverkehr des Landes NRW)

Folgende Förderprojekte unter Federführung des Zweckverbands sind in Vorbereitung:

- Grünes Band (Förderung im Starterpaket Kernrevier Strukturförderung Rheinisches Revier)

- Exzellenzregion Nachhaltiges Bauen (Förderung im SofortprogrammPLUS Strukturförderung Rheinisches Revier)

- Innovation Valley Garzweiler (Förderung im SofortprogrammPLUS Strukturförderung Rheinisches Revier)

- Innovationspark Erneuerbare Energien Jüchen – Folgephase (Förderung im SofortprogrammPLUS Strukturförderung Rheinisches Revier)

- Rheinisches Radverkehrsrevier (Förderung im SofortprogrammPLUS Strukturförderung Rheinisches Revier)

- Strukturfördergesellschaft Zweckverband LANDFOLGE Garzweiler (Förderung im Rahmen Strukturförderung Rheinisches Revier)

 

 

Ausblick 2021

Die Arbeit des Zweckverbands wird auch weiterhin parallel auf die Ebene der strategischen Entwicklung des Verbandsgebiets und entsprechender Konzepte und Planungen, wie auch auf die konkrete Realisierungsebene investiver Projekte ausgerichtet sein. Für beide Ebenen ist die Qualifizierung der o.g. Förderskizzen und die Antragstellung in 2021 von entscheidender Bedeutung.

 

Auf der Ebene der Projektentwicklung werden weitere konkrete Umsetzungsmaßnahmen im Grünen Band angestrebt. Soweit es die Corona-Pandemie zulässt, kann auch wieder über kleinere Veranstaltungen nachgedacht werden, die zu einer Aneignung des Raumes durch die Bürgerschaft beitragen. Mit einem Workshopprozess soll gemeinsam mit der Bürgerschaft ein Gestaltungskonzept für den Marktplatz Wanlo erarbeitet werden. Das Wettbewerbsverfahren zum Dokumentationszentrum Tagebau Garzweiler soll zum Jahresende abgeschlossen sein. Sofern entsprechende Fördermittel im Projekt „Grünes Band“ bewilligt werden, sollen Wettbewerbsverfahren für die Stadtentwicklung Jüchen-Süd und für den Landschaftspark Wanlo vorbereitet werden.

 

Auf der strategischen Ebene muss die Umsetzung der Leitentscheidung in der Regionalplanung, der Braunkohlenplanung sowie in den Betriebsplanverfahren intensiv begleitet werden. Dies trifft auch auf die regionalen Prozesse in den Revierknoten und in der Überarbeitung des Wirtschafts- und Strukturprogramms zu. Die Konzeptstudie zum „Innovationspark Erneuerbare Energien Jüchen“ wird zur Jahresmitte vorliegen. Die Abstimmung der Entwicklung von Gewerbe- und Industriegebieten mit dem Ziel von interkommunalen Gewerbegebieten mit Zerlegungsvereinbarung zur Gewerbsteuer soll fortgesetzt werden.

 

Es wird bis zum Jahresende angestrebt, die oben dargestellten Planungen, Konzepte und Projekte im Sinne einer „1. Fortsetzung des Drehbuchs“ zusammenzuführen. Damit liegt dann fünf Jahre nach der ersten Zukunftsvision ein aktuelles und inzwischen konkreteres Strukturkonzept für die räumliche und inhaltliche Entwicklung der Tagebaufolgelandschaft und ihrer Umgebung vor.


Beschlussentwurf:

Der Bericht wird zur Kenntnis genommen.“


Finanzielle Auswirkungen:

Keine.