Bürgerinformationssystem
Tatbestand: Der Gewerbering Erkelenz e. V. beantragt mit E-Mail vom 29.01.2019 fünf verkaufsoffene Sonntage im Zusammenhang mit der Durchführung folgender Veranstaltungen:
05.05.2019 11. Fahrradfrühling und 2. Grillmeisterschaft 23.06.201944. Lambertusmarkt mit Frühkirmes 29.09.201916. Kulinarischer Treff mit Herbstmodenschauen und Erkelenzer Automobilausstellung 27.10.201912. Französischer Markt 01.12.2019 Adventsdorf, „Wir warten auf den Nikolaus“, Mittelalterliche Burg-Weihnacht
Der Gewerbering beantragt gleichzeitig zuzulassen, dass Verkaufsstellen an den genannten Sonntagen im Bereich der Kernstadt von 13 bis 18 Uhr geöffnet haben.
Gemäß § 6 Abs. 1 des Gesetzes zur Regelung der Ladenöffnungszeiten (Ladenöffnungsgesetz NRW - LÖG NRW) dürfen an jährlich höchstens acht, nicht unmittelbar aufeinanderfolgenden Sonn- oder Feiertagen Verkaufsstellen im öffentlichen Interesse ab 13 Uhr bis zur Dauer von fünf Stunden geöffnet sein.
Ein öffentliches Interesse liegt insbesondere vor, wenn die Öffnung 1. im Zusammenhang mit örtlichen Festen, Märkten, Messen oder ähnlichen Veranstaltungen erfolgt, 2. dem Erhalt, der Stärkung oder der Entwicklung eines vielfältigen stationären Einzelhandelsangebot dient, 3. dem Erhalt, der Stärkung oder der Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche dient, 4. der Belebung der Innenstädte, Ortskerne, Stadt- oder Ortsteilzentren dient oder 5. die überörtliche Sichtbarkeit der jeweiligen Kommune als attraktiver und lebenswerter Standort insbesondere für den Tourismus und die Freizeitgestaltung, als Wohn- und Gewerbestandort sowie Standort von kulturellen und sportlichen Einrichtungen steigert.
Das Vorliegen eines Zusammenhangs im Sinne des Satzes 2 Nummer 1 wird vermutet, wenn die Ladenöffnung in räumlicher Nähe zur örtlichen Veranstaltung sowie am selben Tag erfolgt. Bei Werbemaßnahmen des Veranstalters müssen die jeweiligen Veranstaltungen gemäß Satz 2 Nr. 1 für die Öffnung der Verkaufsstellen im Vordergrund stehen.
Nach § 6 Abs. 4 LÖG NRW wird die zuständige örtliche Ordnungsbehörde ermächtigt, diese Tage nach Absatz 1 durch Verordnungen freizugeben. Die Freigabe kann sich auf bestimmte Bezirke, Ortsteile und Handelszweige beschränken. Innerhalb einer Gemeinde dürfen nach Absatz 1 insgesamt nicht mehr als 16 Sonn- und Feiertage je Kalenderjahr freigegeben werden. Erfolgt eine Freigabe nach Absatz 1 für das gesamte Gemeindegebiet, darf dabei nur ein Adventssonntag freigegeben werden. Erfolgt die Freigabe nach Absatz 1 beschränkt auf bestimmte Bezirke, Ortsteile und Handelszweige, darf nur ein Adventssonntag je Bezirk, Ortsteil und Handelszweig freigegeben werden, insgesamt dürfen jedoch nicht mehr als zwei Adventssonntage je Gemeinde freigegeben werden. Bei der Festsetzung der Öffnungszeiten ist auf die Zeit des Hauptgottesdienstes Rücksicht zu nehmen.
Gemäß § 6 Abs. 4 LÖG NRW sind von der Freigabe der Tage nach Absatz 1 und 4 ausgenommen: 1. die stillen Feiertage im Sinne des Feiertagsgesetzes NW, 2. Ostersonntag, 3. Pfingstsonntag, 4. der 1. und 2. Weihnachtstag und 5. der 1. Mai, der 3. Oktober und der 24. Dezember, wenn dieser Tag auf einen Sonntag fällt.
Mit der Neufassung des Ladenöffnungsgesetzes (Gesetz vom 22.03.2018, GVBl. S. 172) wurde der Anlassbezug abgeschafft und als Voraussetzung für die Festlegung von verkaufsoffenen Sonn- und Feiertagen durch kommunale ordnungsbehördliche Verordnungen das Vorliegen eines öffentlichen Interesses für die Ladenöffnung festgeschrieben.
Das LÖG NRW beschreibt jetzt - nicht abschließend - fünf Sachgründe für ein öffentliches Interesse. Danach genügt es insbesondere nach Ziffer 1, wenn die Öffnung im Zusammenhang mit einer örtlichen Veranstaltung erfolgt. Neu ins Gesetz aufgenommen wurde eine Regelvermutung, nach der von einem Zusammenhang mit einer örtlichen Veranstaltung auszugehen ist, wenn die Ladenöffnung in räumlicher Nähe zur örtlichen Veranstaltung sowie am selben Tag erfolgt. Kommunen müssen bei der Zugrundelegung von örtlichen Veranstaltungen keine vergleichende Besucherprognose mehr vorlegen.
In Fortführung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes zum Anlassbezug setzt der zentrale Sachgrund des Zusammenhangs mit einer örtlichen Veranstaltung weiterhin voraus, dass die Veranstaltung im Vordergrund steht und die Ladenöffnung bloßes Anhängsel der Veranstaltung ist. Charakter, Größe, Zuschnitt und Ausstrahlungswirkung der Veranstaltung sind von grundlegender Bedeutung. Gemeint sind Veranstaltungen, die einen beträchtlichen Besucherstrom anziehen und der Besucherstrom also nicht erst durch die Ladenöffnung ausgelöst wird. Liegt eine solche Veranstaltung vor, ist eine Ladenöffnung unmittelbar angrenzend an die Veranstaltung grundsätzlich unstreitig.
Durch den Antragsteller wurden detaillierte Beschreibungen der oben genannten fünf Veranstaltungen vorgelegt, die sowohl die Bedeutung der jeweiligen Veranstaltung, die räumliche Ausdehnung als auch die zu erwartenden Besucherströme der Veranstaltung, bereinigt um Besucher, die lediglich einkaufen, darlegen. Die geplanten Ladenöffnungen im Kernstadtbereich grenzen räumlich an die jeweiligen Veranstaltungen an, da die Veranstaltungsflächen gerade auch den Innenstadtbereich umfassen. Die Prognose der voraussichtlichen Besucher ergibt eine hohe, die Einkaufsbesucher weit übersteigende Veranstaltungsbesucherzahl.
Die Erfahrung aus den vergangenen Jahren hat gezeigt, dass jede einzelne, inzwischen bereits traditionell stattfindende Veranstaltung überregional bekannt und beliebt ist und auch ohne das Beiwerk geöffneter Verkaufsstellen weiterhin bestehen kann. Dies hat sich auch für das zum dritten Mal geplante Adventsdorf bestätigt, das mit den an diesem Tag zeitgleich stattfindenden Veranstaltungen „Wir warten auf den Nikolaus“ und der Veranstaltung „Mittelalterliche Burg-Weihnacht“ der Freunde der Burg e. V. zu einer bedeutsamen Veranstaltung gewachsen ist.
Aus den dargelegten Gründen erscheint die beantragte Ladenöffnung als bloßer Annex zu den Veranstaltungen, die prägend im Vordergrund stehen.
Dies gilt in besonderem Maße auch für den zusätzlichen verkaufsoffenen Sonntag anlässlich des Lambertusmarktes mit Frühkirmes. Beim Lambertusmarkt handelt es sich um die größte städtische Veranstaltung in der Innenstadt, die über insgesamt fünf Veranstaltungstage sehr viele Besucher auch aus den umliegenden Städten anzieht. Es wird geschätzt, dass sich an dem Sonntag während des Lambertusmarktes ca. 4 - 5-mal so viele Passanten wie an einem üblichen Samstag während der normalen Öffnungszeiten befinden. Ausgegangen wird von ca. 8.000 Besuchern. Der Lambertusmarkt, der in der Fußgängerzone und im Bereich des Johannismarktes stattfindet, geht ohne räumliche Unterbrechung in die Veranstaltungsfläche der gleichzeitig stattfinden Erkelenz Frühkirmes über, die sich über die Gasthausstraße zum Franziskanerplatz und über die Burgstraße bis zum Dr.-Josef-Hahn-Platz erstreckt.
Bei der Prüfung der Zulässigkeit des verkaufsoffenen Sonntages am 01.12.2019 wurde besonders berücksichtigt, dass es sich um einen Adventssonntag handelt. Adventssonntage sind zwar besonders schützenswert, deshalb dürfen gemäß § 6 Absatz 4 Satz 4 und 5 LÖG NRW nicht mehr als ein Adventssonntag je Gemeinde und Bezirk, Ortsteil und Handelszweig freigegeben werden. Dies steht jedoch der Öffnung an einem einzelnen Adventssonntag, dem 01.12.2019, nicht entgegen. An den übrigen Adventssonntagen verbleiben die Verkaufsstellen geschlossen, sodass die stille Vorbereitung in der Weihnachtszeit bewahrt bleibt.
Es ist ermessenfehlerfrei, die parallele Öffnung der Verkaufsstellen für fünf Stunden im direkten, im beigefügten Verordnungsentwurf genauer beschriebenen Umfeld der Veranstaltungen als zulässige Maßnahme zuzulassen, damit weitergehende Bedürfnisse der Veranstaltungsbesucher gedeckt werden können.
Trotz Ausnahmegenehmigung haben die an den verkaufsoffenen Sonntagen teilnehmenden Verkaufsstelleninhaber nachhaltig darauf zu achten, dass sie dem Arbeitsschutz ihrer Arbeitnehmer nach den Vorgaben des Arbeitszeitgesetzes genügen.
Nach § 6 Abs. 7 LÖG NRW sind vor Erlass der Rechtsverordnung zur Freigabe der Tage nach Absatz 1 die zuständigen Gewerkschaften, Arbeitgeber- und Wirtschaftsverbände und Kirchen, die jeweilige Industrie- und Handelskammer und die Handwerkskammer anzuhören. Mit Schreiben vom 31.01.2019, versendet per E-Mail am selben Tag, hat die Verwaltung diese gebeten, sich bis zum 08.02.2019 zu dem vorgesehenen verkaufsoffenen Sonntag zu äußern.
Die Handwerkskammer hat am 01.02.2019 per E-Mail mitgeteilt, dass gegen die geplanten verkaufsoffenen Sonntage keine Bedenken bestehen.
Auch seitens der IHK Aachen werden in der Antwortmail vom 01.02.2019 keine durchgreifenden Bedenken gegen das Offenhalten von Verkaufsstellen an den fünf genannten Sonntagen in 2019 vorgetragen. Die IHK weist in Ihrer E-Mail jedoch darauf hin, dass das Oberverwaltungsgericht Münster im Streit um verkaufsoffene Sonntage eine engere Auslegung des neuen Ladenöffnungsgesetzes Anfang November 2018 angemahnt habe. Das Gericht führe aus, dass die weit gefassten Regelungen zur Ladenöffnung eingeschränkter ausgelegt werden müssen, als viele Kommunen dies bisher täten. In der Begründung weisen die Richter darauf hin, dass jede Gemeinde die Ausnahme von der Arbeitsruhe genau prüfen und begründen müsse. Es müsse, wie bereits vor der Gesetzesänderung einen Anlass für die Sonntagsöffnung geben, der auch im Vordergrund stehen müsse. Das Gericht führe weiter aus, dass eine besondere Problemlage gerechtfertigt werden müsse, wenn damit die Sonntagsöffnung zur Stärkung des stationären Einzelhandels vor Ort begründet werde.
Die Vereinigte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) hat mit Schreiben vom 06.02.2019 (per E-Mail am 06.02.2019) zu den geplanten verkaufsoffenen Sonntagen Stellung genommen und verweist besonders auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichtes vom 01.12.2009, wonach der Landesgesetzgeber verfassungsrechtlich zum Schutz der Sonn- und Feiertagsruhe verpflichtet sei. Dabei müsse er beachten, dass die Erwerbsarbeit in der Regel an Sonn- und Feiertagen ruhen muss. Weiterhin werde vom Bundesverfassungs- und vom Oberverwaltungsgericht NRW angegeben, dass die anlassgebende Veranstaltung im Vordergrund stehen muss und die Gemeinde dies zu belegen und, vor allem durch plausible Abschätzung der jeweiligen Besucherzahlen, nachzuweisen hat. Eine Öffnung sei mithin nur dann zulässig, wenn eine Veranstaltung ohnehin stattfindet und selbst einen erheblichen Besucherstrom auslöst und nicht umgekehrt die Ladenöffnung den Hauptgrund für den Besucherstrom darstellt. Die Ladenöffnungen dürften lediglich „begleitenden“ Charakter zur Hauptveranstaltung haben. Eine Ausnahme vom Sonn- und Feiertagsschutz sei nur zulässig, wenn es hierfür einen rechtfertigenden Sachgrund gibt und die Ausnahmen für die Öffentlichkeit weiterhin klar erkennbar blieben.
Alle anderen Anfragen blieben unbeantwortet, so dass hier keine Bedenken unterstellt werden können.
Die vorgebrachten Einwände beinhalten keine zusätzlichen neuen Argumentationen, die gegen eine Zulassung der beantragten verkaufsoffenen Sonntage sprechen.
Die Verwaltung schlägt daher vor, dem Antrag des Gewerberings Erkelenz e. V. vom 29.01.2019 zu entsprechen und eine ordnungsbehördliche Verordnung über das Offenhalten von Verkaufsstellen antragsgemäß an den genannten Sonntagen in der Form zu erlassen, wie sie als Entwurf der Beschlussvorlage beigefügt ist.
Gemäß § 41 Abs. 1 Satz 2 Buchstabe f GO NRW ist der Rat für den Erlass einer ordnungsbehördlichen Verordnung zuständig. Beschlussentwurf (als Empfehlung an den Rat): „Die dem Original der Niederschrift im Entwurf als Anlage beigefügte ordnungsbehördliche Verordnung über das Offenhalten von Verkaufsstellen am 05.05.2019, 23.06.2019, 29.09.2019, 27.10.2019 und 01.12.2019 wird erlassen.“
Finanzielle Auswirkungen: Keine. Anlage: Entwurf der ordnungsbehördlichen Verordnung
|
|||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||