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Vorlage - A 10/789/2019  

 
 
Betreff: Anregung nach § 24 Gemeindeordnung NRW: "Sofort mehr Rücksicht auf die Zahlungskraft der Bürger bei Straßenbaubeitrag nehmen!"
hier: Ausbau der Straßen "Marienweg" zwischen Krefelder Straße und St.-Rochus-Weg, "Ratiborweg" und "Breslauer Straße"
Status:öffentlich  
Federführend:Haupt- und Personalamt   
Beratungsfolge:
Hauptausschuss Entscheidung
21.02.2019 
29. Sitzung des Hauptausschusses geändert beschlossen   

Sachverhalt
Beschlussvorschlag
Finanzielle Auswirkungen
Anlage/n
Anlagen:
Schreiben der Anwohner_innen der Breslauer Straße an den Rat der Stadt Erkelenz vom 21.11.2018  

Tatbestand:

Wie in der 28. Sitzung des Hauptausschusses am 13.12.2018 mitgeteilt, richten einige Anwohner der Breslauer Straße im Zusammenhang mit dem Ausbau der Straßen Marienweg, Ratiborweg und Breslauer Straße mit Schreiben vom 21.11.2018 nachfolgende Anregung nach § 24 Gemeindeordnung NRW (GO NRW) an den Rat der Stadt Erkelenz:

 

„Prüfen Sie, ob die Straßenbaumaßnahme im geplanten Umfang wirtschaftlich notwendig ist. Orientieren Sie sich an einem einfachen Standard und verzichten Sie auf übertriebene Maßnahmen und überzogene Standards und binden Sie uns Bürger in den Entscheidungsprozess ein.

 

Legen Sie die Straßenbaubeiträge an den untersten zulässigen Grenzen fest und prüfen Sie, inwieweit Entlastungen für uns Bürger möglich sind.“

 

Das Originalschreiben ist der Beschlussvorlage als Anlage beigefügt.

 

§ 24 Abs. 1 GO NRW begründet das Recht, dass jeder sich einzeln oder in Gemeinschaft mit anderen schriftlich mit Anregungen und Beschwerden in Angelegenheiten der Stadt an den Rat bzw. den von ihm beauftragten Beschwerdeausschuss wenden kann. Gemäß § 24 Abs. 2 GO NRW hat die Hauptsatzung die näheren Einzelheiten zu regeln. Dies ist in Erkelenz im § 9 der Hauptsatzung geschehen.

 

Für die Erledigungen solcher Anregungen und Beschwerden hat der Rat den Hauptausschuss bestimmt.

 

In der eingereichten Anregung wird allgemein auf das Thema Straßenbaubeiträge nach dem Kommunalabgabengesetz NRW eingegangen und Vorschläge bzw. Anregungen aus Anlass der Straßenbaumaßnahmen „Marienweg, Ratiborweg, Breslauer Straße“ gemacht bzw. vorgetragen.

 

Stellungnahme des Tiefbauamtes:

Im Aufgabenbereich des Tiefbauamtes sind im Einzelnen folgende Punkte betroffen:

 

1. Aufforderung zur Prüfung der wirtschaftlichen Notwendigkeit des geplanten Umfangs.

2. Aufforderung auf übertriebene Standards zu verzichten.

3. Aufforderung, die Bürger in die Entscheidungsprozesse einzubinden.

 

Stellungnahme zu 1.:

 

Mit den oben aufgeführten Maßnahmen wird die Sanierung des Marienviertels abgeschlossen. Straßen und Kanäle sind in den fünfziger Jahren errichtet worden.

Die Notwendigkeit zur Sanierung wurde nach Bestandsprüfung (Befahrung Kanal-TV, Straßenbewertung, Überprüfung des Unterbaus) festgestellt – die Maßnahmen daraufhin von den zuständigen politischen Ausschüssen beschlossen.

 

Es bestand die Notwendigkeit einer baulichen Sanierung. Die Planung erfolgte im Haus, die Arbeiten wurden nach öffentlicher Ausschreibung (Wettbewerb) vergeben.

Es wurden nahezu ausschließlich Kanal- und Straßenbauarbeiten gemeinsam durchgeführt, um sowohl die Belastung durch die Baumaßnahme an sich als auch die finanzielle Belastung für die Anlieger so gering wie möglich zu halten (der Abwasserbetrieb hat einen großen Teil der Verkehrsflächen finanziert).

 

Weitere Möglichkeiten der wirtschaftlichen Optimierung sind nicht gegeben.

 

Stellungnahme zu 2.:

 

Die gewählten Straßenbaustandards sind wirtschaftlich optimiert. Neben Asphaltflächen wurden Pflasterflächen im Standard Betonpflaster ausgeführt. Der Unterbau orientiert sich in Umfang und Herstellung an technischen Mindestanforderungen.

 

Stellungnahme zu 3.:

 

Gemäß Beschluss des Rates der Stadt Erkelenz werden betroffene Anlieger seit Frühjahr 2013 in Form des 10-Schritte-Modells in die Umsetzung von KAG-Maßnahmen eingebunden. Auch bei den hier betrachteten Tiefbaumaßnahmen wurde eine Planungsbeteiligung durchgeführt. Im Ergebnis kam es zu Planänderungen.

 

Stellungnahme des Amtes für Kommunalwirtschaft und Liegenschaften:

 

Beiträge sind Geldleistungen, die den Ersatz des Aufwandes für die Herstellung, Anschaffung und Erweiterung öffentlicher Einrichtungen und Anlagen im Sinne des § 4 Abs. 2 Kommunalabgabengesetz NRW (KAG), bei Straßen, Wegen und Plätzen auch für deren Verbesserung dienen. Sie werden von den Grundstückseigentümern als Gegenleistung dafür erhoben, dass ihnen durch die Möglichkeit der Inanspruchnahme der Einrichtungen und Anlagen wirtschaftliche Vorteile geboten werden.

 

Nach § 8 Abs. 1 Satz 2 KAG sollen die Gemeinden und Gemeindeverbände bei den dem öffentlichen Verkehr gewidmeten Straßen, Wegen und Plätzen Beiträge erheben, soweit nicht das Baugesetzbuch (BauGB) anzuwenden ist. Das BauGB ist dabei lediglich bei der erstmaligen Herstellung von Straßen u. ä. anwendbar. Die Sollvorschrift des § 8 Abs. 1 Satz 2 KAG ist so zu verstehen, dass die Gemeinde und Gemeindeverbände den gesetzlichen Vorgaben folgen müssen, wenn dem keine zwingenden Gründe entgegenstehen (vgl. Bundesverwaltungsgerichtsurteil vom 14.07.1969). Nach dem im Artikel 20 Abs. 3 Grundgesetz verankerten Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung ergibt sich damit eine Pflicht zur Veranlagung von Straßenausbaubeiträgen.

 

Damit ist das „Ob“ der Erhebung von Straßenausbaubeiträgen nach aktueller Gesetzeslage vorgeschrieben. In welcher Art und Weise  die Beitragserhebung zu erfolgen hat, also insbesondere die Beantwortung der Frage in welcher Höhe Beiträge erhoben werden dürfen, ist ebenfalls gesetzlich normiert bzw. hat sich durch Rechtsprechung im Laufe der letzten Jahrzehnte mehr oder minder „ausgeurteilt“.

 

Im § 77 Absatz 2 der Gemeindeordnung (GO) NRW hat der Gesetzgeber eine Rangfolge der Deckungsmittel zur Finanzierung der Auszahlungen festgelegt. Danach sind an erster Stelle „sonstige Finanzmittel“ zu verwenden. Zu den „sonstigen Finanzmittel“ zählen z. B. Zuwendungen, Mieten und Zinsen. Soweit diese Einzahlungen zur Deckung der Auszahlungen nicht ausreichen, sind an zweiter Stelle, „…soweit vertretbar und geboten, aus selbst zu bestimmenden speziellen Entgelten für die von ihr erbrachten Leistungen [zu erheben]…“

Zu diesen „speziellen Entgelten“ zählen neben Gebühren und Eintrittsgeldern auch Beiträge. Eine Finanzierung aus Steuern ist erst an dritter Stelle aufgeführt. Genau wie beim KAG kommt also auch in  der GO zum Ausdruck, dass die- bzw. derjenige, die/der eine kommunale Leistung in  Anspruch nimmt bzw. nutzt, die daraus entstehenden Kosten im vertretbaren Umfang tragen soll. Die Kommune entscheidet dabei eigenverantwortlich, unter Beachtung der Regelungen des § 77 Abs. 2 GO NRW, in welchem Ausmaß bzw. in welcher Höhe sie Beiträge erhebt, wobei sie nach § 77 Abs. 3 GO NRW auf die wirtschaftlichen Kräfte ihrer Abgabepflichtigen Rücksicht zu nehmen hat. Im Rahmen der Betrachtung und Würdigung von konkreten  Einzelfällen, hat sich im Laufe der Jahrzehnte durch die Rechtsprechung die „Bestimmung des Vertretbaren und Gebotenen“ bei der Erhebung von Straßenausbaubeiträgen manifestiert.

 

Darauf basierend hat der Städte- und Gemeindebund seinen Mitgliedern eine Mustersatzung empfohlen. Diese Mustersatzung legt neben der Art und Weise der Beitragsbemessung fest, in welcher Bandbreite Straßenausbaubeiträge erhoben werden dürfen. Im Rahmen der Festlegung der Beitragssätze ist einerseits der mögliche wirtschaftliche Vorteil der Anlieger, der sich aus der nachmaligen Herstellung der Straße ergibt, und andererseits die Vorteile für die Allgemeinheit, die mit der nachmaligen Herstellung der Anlage verbunden sind, im Rahmen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zu berücksichtigen. Dies schlägt sich insbesondere dadurch nieder, dass u. a. die Straßenart, z. B. Anliegerstraße, Hauptverkehrsstraße,  Hauptgeschäftsstraße, für die  Höhe des Beitragssatzes maßgeblich ist. Vor diesen Hintergründen hat der Deutsche Städte- und Gemeindebund NRW (DStGB NRW) seinen Mitgliedern für jede  Straßenart eine eigene Spannbreite, z. B. 50 - 80 % der beitragsfähigen Kosten, als zulässigen, umzulegenden Beitragssatz empfohlen.

 

Diese Mustersatzung des DStGB NRW ist in unserer „Satzung über die Erhebung von Beiträgen nach § 8 KAG für straßenbauliche Maßnahmen in der Stadt Erkelenz vom 17. März 1983 in der Fassung vom 27. April 2007“ (kurz: ES)  umgesetzt worden. Dabei sind die vom DStGB NRW vorgeschlagenen Spannbreiten für die einzelnen Straßenarten in der Art und Weise umgesetzt worden, dass grundsätzlich nur die unteren Sätze in unserer „ES“ übernommen worden sind. Eine weitere Reduzierung der jeweiligen Beitragssätze würde demzufolge dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz widersprechen und die örtliche „ES“ gerichtlich angreifbar machen.

 

Zusammenfassend kann also zur Forderung der Antragsteller festgehalten werden, dass die aktuellen Straßenausbaubeiträge bereits aktuell in der örtlichen „ES“ grundsätzlich an den untersten, zulässigen Spannbreiten  festgelegt worden sind. Eine weitere Entlastung, durch Senkung der bisherigen Beitragssätze, der betroffenen Bürgerinnen und Bürger ist somit vor dem Hintergrund der aktuellen Rechtslage nicht zu empfehlen. 

 


Beschlussentwurf (in eigener Zuständigkeit als Beschwerdeausschuss):

„Der Beschwerdeausschuss kommt nach seiner Prüfung gemäß § 9 der Hauptsatzung zu folgendem Ergebnis bzw. zu folgender (möglichen) Empfehlung: ……………..“


Finanzielle Auswirkungen:

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Anlage:

Schreiben der Anwohner/innen der Breslauer Straße an den Rat der Stadt Erkelenz vom 21.11.2018

Anlagen:  
  Nr. Name    
Anlage 1 1 Schreiben der Anwohner_innen der Breslauer Straße an den Rat der Stadt Erkelenz vom 21.11.2018 (517 KB)