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Tatbestand: Der Gewerbering Erkelenz e.V. teilt in einem Schreiben (Mail vom 15.01.2014) mit, für das Jahr 2014 im Bereich der Innenstadt die Durchführung folgender Veranstaltungen zu planen:
04.05.2014 „6. Fahrrad-Frühling“,
28.09.2014 „Kulinarischer Treff“ (parallel zur EAA),
24.- 26.10.2014 „Französischer Markt“.
Gleichzeitig beantragt der Gewerbering zuzulassen, dass Verkaufsstellen an den jeweiligen Sonntagen dieser Veranstaltungen im Bereich der Kernstadt geöffnet haben.
Das Ladenöffnungsgesetz NRW (§ 6 LÖG NRW) ermächtigt die Stadt Erkelenz als örtliche Ordnungsbehörde, aus Anlass von örtlichen Festen, Märkten, Messen oder ähnlichen Veranstaltungen Ausnahmen vom grundsätzlichen, dem Schutz der Sonn- und Feiertage vor typischem werktäglichen Treiben dienenden Ladenöffnungsverbot durch Verordnungen zuzulassen. Ausnahmen können allgemein also für das gesamte Stadtgebiet zugelassen werden oder für jeweils einen bestimmten Bereich an maximal vier Sonntagen für die Dauer von jeweils bis zu fünf Stunden. Nach dem LÖG NRW sind vor Erlass der Verordnung die zuständigen Gewerkschaften (hier ver.di), Arbeitgeber- und Wirtschaftsverbände und Kirchen, die jeweilige Industrie- und Handelskammer und die Handwerkskammer anzuhören. Mit Schreiben vom 21.01.2014 hat die Verwaltung daher diese gebeten, sich bis zum 05.02.2014 zu den vorgesehenen verkaufsoffenen Sonntagen zu äußern. Seitens des Büros der Regionaldekane Mönchengladbach und Heinsberg in Mönchengladbach erfolgte keine Rückmeldung. Die Handwerkskammer Aachen sowie der Einzelhandels- und Dienstleistungsverband Aachen-Düren-Köln e. V. haben sich dahingehend geäußert, keine Bedenken zu haben. Hingegen teilte die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) mit, dass sie aus grundsätzlicher Erwägung zusätzliche Sonderöffnungen im Einzelhandel ablehne, weil die betroffenen Beschäftigten bereits durch ausgedehnte Ladenöffnungszeiten stark belastet seien. Darüber hinaus äußerte ver.di pauschal Zweifel, ohne Detailkenntnisse zu haben, dass sich bei den geplanten Veranstaltungen die Notwendigkeit einer zusätzlichen Ladenöffnung ergebe. Sie wies darüber hinaus darauf hin, dass rein wirtschaftliche Interessen der Händler oder ein alltägliches Einkaufsinteresse der Kunden eine Ausnahme vom Öffnungsverbot an Sonntagen nicht rechtfertigen können. Maßgeblich für eine Ausnahme sei nämlich, dass eine Veranstaltung auch unabhängig von einer Sonntagsöffnung stattfinden würde und aus sich heraus einen erheblichen Besucherstrom auslöse, nicht erst durch den Umstand, dass die Ladengeschäfte geöffnet hätten. Abschließend verweist sie noch auf ein Urteil des Bundverfassungsgericht (BVR 2857/07 und 2858/07), indem sie auszugsweise zitiert, wonach an Sonntagen die Geschäftigkeit in Form der Erwerbstätigkeit ruhen solle, damit der Einzelne diese Tage allein oder in der Gemeinschaft ungehindert von werktäglichen Verpflichtungen und Beanspruchungen nutzen könne. Die Gewerkschaft bat, ihre Stellungnahme angemessen bei der Entscheidung der Stadt Erkelenz zu berücksichtigen. Der Superintendent des evangelischen Kirchenkreises Jülich erklärte in seiner Antwort, keine grundsätzlichen Einwände gegen das Offenhalten von Verkaufsstellen erheben zu können. Er verwies allerdings auf die am 17.06.2011 erschienene gemeinsame Erklärung des Bischofs von Aachen, des Vorsitzenden des DGB der Region NRW und der Superintendenten der evangelischen Kirchenkreise Aachen und Jülich. Hierin sei noch einmal festgestellt worden, dass kirchliche und gewerkschaftliche Organisationen ein Bündnis gebildet haben, das sich für den „freien Sonntag“ engagiert und gegen eine weitere Aushöhlung der Sonn- und Feiertagsruhe auf Bundes-, Landes- und Kommunalebene richtet.
Zu den vorgebrachten „Einwänden“ ist zunächst klarzustellen, dass sie für die Entscheidung des Rates als zuständiger kommunaler Verordnungsgeber lediglich empfehlenden Charakter haben. Dennoch sind sie im Rahmen der Ermessensausübung in die Abwägung der Interessen aller der von der Verordnung Betroffenen einzubeziehen.
Kernpunkt der Einwände ist der Gedanke, dass Sonn- und Feiertage der Ruhe und Erholung aller Menschen vom werktäglichen Treiben insbesondere im Kreise ihrer Familien dienen sollen. Zur grundsätzlichen Gewährleistung dieses Schutzes ist insbesondere auch der Wortlaut des Sonn- und Feiertagsgesetzes NRW vom 23. April 1989 abgefasst. Aber selbst das Sonn- und Feiertagsgesetz spricht nicht von einem absoluten Schutz, sondern nennt bereit Tatbestände, die diesen Schutz einschränken. Hieran knüpfte bereits das frühere Ladenschlussgesetz NRW und anschließend dessen Nachfolger, das Ladenöffnungsgesetz NRW vom 16. November 2006 an. Den weiterhin stetigen kontroversen Ansichten über die zuletzt wesentlich freizügigere Gestaltung der Ladenöffnungsmöglichkeit folgend wurde im Mai 2013 schließlich das Ladenöffnungsgesetz geändert. Der Gesetzgeber zog dabei bei seinen Regelungen zu den zusätzlichen Sonntagsöffnungen unter anderem Konsequenzen aus den bis dahin ergangenen höchstrichterlichen Entscheidungen, insbesondere aus der des oben von der Gewerkschaft verd.di zitierten Bundesverfassungsgerichts vom 01.12.2009 zu der seinerzeitigen Adventssonntagsregelung für die Ladenöffnungszeiten in Berlin.
Die wesentlichen Eckpunkte der Regelungen lauten: - Jede Verkaufsstelle darf an nur maximal vier Sonntagen im Jahr geöffnet haben. - Die Freigabe von verkaufsoffenen Sonntagen ist auf absolut elf Sonntage innerhalb einer Gemeinde beschränkt. - Insgesamt dürfen dabei aber nicht mehr als zwei Adventssonntage pro Gemeinde und ein Adventssonntag pro Verkaufsstelle freigegeben werden. - Für die Öffnung der Geschäfte muss (wieder) ein Anlassbezug gegeben sein. - Vor Erlass der Rechtsverordnungen zur Freigabe dieser Tage sind die zuständigen Gewerkschaften, Arbeitgeber- und Wirtschaftsverbände, die Kirchen, die jeweilige Industrie- und Handelskammer und die Handwerkskammer anzuhören.
Auf die von Kirche und Gewerkschaft vertretenen Interessen wird also grundsätzlich bereits per Gesetz durch die oben aufgeführten Einschränkungen für die Freigabe von verkaufsoffenen Sonntagen Rücksicht genommen. Die vorgebrachten Einwände beinhalten keine zusätzlichen neuen Argumentationen. Die Zweifel an der Ursächlichkeit und der Geeignetheit der geplanten Veranstaltungen für die jeweilige Freigabe eines verkaufsoffenen Sonntages sind unbegründet. Die Erfahrung zeigt nämlich, dass jede einzelne inzwischen bereits traditionell stattfindende Veranstaltung überregional bekannt und beliebt ist und auch ohne das Beiwerk geöffneter Verkaufsstellen weiterhin bestehen könnte.
Es erscheint daher ermessenfehlerfrei, die parallele Öffnung der Verkaufsstellen für fünf Stunden im direkten Umfeld der Veranstaltungen als logische und zulässige Maßnahme zuzulassen, damit weitergehende Bedürfnisse der Veranstaltungsbesucher gedeckt werden können.
Trotz Ausnahmegenehmigung haben die an den verkaufsoffenen Sonntagen teilnehmenden Verkaufsstelleninhaber nachhaltig darauf zu achten, dass sie dem Arbeitsschutz ihrer Arbeitnehmer nach den Vorgaben des Arbeitszeitgesetzes genügen.
Die Verwaltung schlägt vor, dem Antrag des Gewerberinges Erkelenz e.V. vom 15.01.2014 zu entsprechen und eine ordnungsbehördliche Verordnung über das Offenhalten von Verkaufsstellen an drei Sonntagen in der Form zu erlassen, wie sie als Entwurf der Beschlussvorlage beigefügt ist.
Gemäß § 41 Abs. 1 Satz 2 Buchstabe f GO NRW ist der Rat für den Erlass einer ordnungsbehördlichen Verordnung zuständig. Beschlussentwurf (als Empfehlung an den Rat): „Die dem Original der Niederschrift als Anlage beigefügte ordnungsbehördliche Verordnung über das Offenhalten von Verkaufsstellen am 04.05.2014, 28.09.2014 und 26.10.2014 wird erlassen.“
Finanzielle Auswirkungen: keine Anlage: Entwurf der ordnungsbehördlichen Verordnung.
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