Bürgerinformationssystem

Vorlage - A 10/791/2012  

 
 
Betreff: Information des Rates über eingegangene Beschwerden von Bürgern
hier: Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vom 11.09.2012
Status:öffentlich  
Federführend:Haupt- und Personalamt   
Beratungsfolge:
Hauptausschuss Vorberatung
31.10.2012 
22. Sitzung des Hauptausschusses zurückgezogen   
Rat der Stadt Erkelenz Entscheidung

Sachverhalt
Beschlussvorschlag
Finanzielle Auswirkungen
Anlage/n

Tatbestand:

Tatbestand:

Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen beantragt mit Schreiben vom 11.09.2012:

 

„Der Rat der Stadt Erkelenz beschließt, dass der Bürgermeister den Rat regelmäßig und zeitnah über alle in der Verwaltung der Stadt Erkelenz schriftlich oder elektronisch eingegangenen Beschwerden von Bürgern unterrichtet. Weiterhin sind die in der Sitzung vorgetragenen Ausführungen des Bürgermeister der Niederschrift beizufügen.

 

Zur Begründung:

Eine bürgerorientierte Arbeit des Rates bedingt, dass der Rat ständig über laufenden Eingaben der Bürger unterrichtet ist.

Es wird daher vorgeschlagen, dass der Bürgermeister Beschwerden den Fraktionen regelmäßig, z. B. unter Mitteilungen entweder im öffentlichen oder – falls erforderlich – im nichtöffentlichen Teil der Sitzung des Hauptausschusses mitteilt.“

 

 

Die Verwaltung hat den vorliegenden Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen geprüft und nimmt hierzu wie folgt Stellung:

 

Die Arbeit einer Verwaltung ist zum größten Teil durch Gesetze, Verordnungen und sonstige Vorschriften bestimmt, auf die sie selbst kaum Einfluss hat. Bürgerinnen und Bürger, die mit einer Entscheidung nicht einverstanden sind, können von unterschiedlichen Rechtsmitteln oder formlosen Beschwerdemöglichkeiten Gebrauch machen.

 

Beschwerden zielen in der Regel auf eine Veränderung der von der Verwaltung getroffenen Entscheidung und/oder auf bessere Bearbeitung (z. B. besserer Organisation, geänderte Öffnungszeiten, Verständlichkeit etc.) ab. Daneben sind als weitere Beschwerdearten sowohl  politisch motivierte Beschwerden als auch einfache Unmutsäußerungen denkbar.

 

 

Aufteilung der Zuständigkeiten

 

Nicht zuletzt aufgrund der sog. „Allzuständigkeit“ der Städte und Gemeinden (§ 2 GO NRW) sind diese – im Gegensatz zu den meisten anderen Behörden – für ein großes Spektrum von Einzelaufgaben zuständig. Dieses Spektrum umfasst fachlich betrachtet alle Lebensbereiche von der Geburt bis hin zum Tod eines jeden Menschen. Die Vielzahl der sich dahinter verbergenden Einzelaufgaben lassen sich in vier sog. „kommunalrechtliche Aufgabenarten“ zusammenfassen:

 

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Selbstverwaltungsaufgaben

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Pflichtaufgaben zur Erfüllung nach Weisung

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Auftragsangelegenheiten

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Fälle der Organleihe

 

Wichtig sind diese Unterscheidungen, weil der Gesetzgeber die Zuständigkeiten und die Erledigung dieser Aufgabenarbeiten in verschiedene Hände gelegt hat.

 

Beispielhaft seien hier die Durchführung von Europa-, Bundestags- oder Landtagswahlen oder die Aufgaben der Standesämter nach dem Personenstandsgesetz genannt. Hierbei handelt es sich um sog. Auftragsangelegenheiten, die dem Gemeindeorgan „Bürgermeister“ übertragen sind. Der Rat kann sie nicht an sich ziehen, auch nicht im Einzelfall.

 

 

Gemäß § 41 Abs. 3 GO NRW sind die Geschäfte der laufenden Verwaltung im Namen des Rates auf den Bürgermeister übertragen, soweit nicht der Rat sich oder einem Ausschuss für einen bestimmten Kreis von Geschäften oder für einen Einzelfall die Entscheidung vorbehält.

 

Der Rat kann nach herrschender Meinung hierbei – da die Regelzuständigkeit bei den laufenden Geschäften beim Bürgermeister liege – nur im Ausnahmefall von seinem Rückholrecht Gebrauch machen. Auf originäre Befugnisse des Bürgermeisters (z. B. Organisationsrecht, gesetzliche Vertretung der Gemeinde etc.) ist die Regelung eh nicht anwendbar. Der Rat hat grundsätzlich kein Weisungsrecht gegenüber dem Bürgermeister und kann ihn deshalb nicht dazu verpflichten, den Rat oder anderen politische Gremien über die Geschäfte der laufenden Verwaltung zu informieren bzw. zu unterrichten.

 

Beschwerden sind (mündliche und/oder schriftliche) Äußerungen unzufriedener Bürgerinnen und Bürger gegenüber der Stadtverwaltung Erkelenz.  Es ist an dieser Stelle bereits darauf hinzuweisen, dass zur „Verwaltung“ (Exekutive) neben der hauptamtlichen Verwaltung nach dem Gesetz auch Rat und Ausschüsse als ehrenamtliche Verwaltung gehören. Beschwerden von Bürger/innen richten sich grundsätzlich gegen die Stadtverwaltung bzw. gegen Maßnahmen und Entscheidungen dieser. Die Maßnahmen und Entscheidungen gegen die sich der Bürger beschweren möchte, stellen in der Regel Geschäfte der laufenden Verwaltung im Sinne des § 41 Abs. 3 GO NRW dar. Ausnahmen bilden in diesem Zusammenhang die Fälle nach den §§ 24 bis 26 GO NRW.

 

Außerdem muss bedacht werden: Eine Vielzahl von Schriftstücken beinhaltet Beschwerden. So werden sich viele Schriftstücke im Bereich hoheitlichen Tätigwerdens mit folgenden Beschwerdeaspekten befassen:

 

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Unzufriedenheit mit Verwarnungen

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Beschwerden gegen städtische Untätigkeit im Rahmen von Nachbarschaftsproblemen

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Unzufriedenheit mit Auflagen oder Bedingungen in einer Baugenehmigung

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Beschwerden gegen Entscheidungen im Sozialamts- bzw. Jugendamtsbereich

 

Hier nun ein kurzer Überblick über mögliche Rechtsmittel und Beschwerdemöglichkeiten:

 

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Klage- und Widerspruchsverfahren

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Fachaufsichtsbeschwerde

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Beschwerde, die Selbstverwaltungsaufgaben betreffen (Kommunalaufsicht)

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Dienstaufsichtsbeschwerde

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Petitionen (an den Bundestag oder Landtag NRW)

 

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Beschwerden nach Spezialgesetzen (z. B. an den Landesbeauftragten für Informationsfreiheit und Datenschutz, an den Landeswahlleiter etc.)

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Anregungen und Beschwerden nach § 24 GO NRW

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Einwohnerantrag nach § 25 GO NRW

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Bürgerbegehren und Bürgerentscheid nach § 26 GO NRW

 

Mündliche vorgetragene bzw. schriftlich eingegangen Beschwerden von Bürgerinnen und Bürgern gegen ,Verwaltungsentscheidungen‘ werden grundsätzlich dem jeweils zuständigen Fachamt zur Bearbeitung  bzw. Beantwortung übergeben. Eine zentrale Erfassung bzw. Bearbeitung für die Gesamtverwaltung erfolgt nicht.

 

Ob zu den „Beschwerden“ auch Anträge an die Ausschussvorsitzenden (insbes. BZA)  - zumindest jene mit grundsätzlichem „Beschwerdepotential“ - zählen, von denen der Bürgermeister meist erst durch eine entsprechende Zur-Tagesordnung-Stellung Kenntnis erlangt, wäre ebenfalls zu klären. Ebenfalls wäre zu diskutieren, ob Beschwerden von Bürgern, die den Ratsvertretern – die ebenfalls zur Exekutive (Verwaltung) gehören – vorgetragen werden, ebenfalls unter den Oberbegriff „Beschwerden“ im Sinne des vorliegenden Antrages zu fassen sind.

 

Bevor hier eine weitere Umsetzung des Antrages geprüft werden kann, soll der vorliegende Antrag der Fraktion dahingehend konkretisiert werden, welche Beschwerden bzw. welche Angelegenheiten richtig dokumentiert und dem Rat zur Kenntnis gegeben werden sollen.

 

Informationspflicht des Rates durch den Bürgermeister

 

Der Bürger hat – unabhängig von der Tatsache, dass er sich über Entscheidungen der Verwaltung beschweren kann – die Möglichkeit, sich direkt an den Rat oder die Bezirksausschüsse zu wenden. In den Fällen, in denen sich ein Bürger einzeln oder in Gemeinschaft in Angelegenheiten der Gemeinde an den Rat wendet (§ 24 GO NRW), erfolgt eine Unterrichtung des Rates durch den Bürgermeister. Gleiches gilt für die Fälle des Einwohnerantrages (§ 25 GO NRW) und des Bürgerbegehrens (§ 26 GO NRW), in denen der Rat die Zulässigkeit des Antrages bzw. des Begehrens feststellen muss, nachdem er durch den Bürgermeister umfassend informiert und unterrichtet worden ist. Zusätzlich kann der Bürger jederzeit unmittelbar an seinen bzw. die Ratsvertreter herantreten, um ein Anliegen vorzutragen.

 

Aufbau eines Beschwerdemanagements

 

Falls der Rat dem Antrag folgen sollte, wäre tiefergehend zu prüfen, ob der Aufbau eines zentralen Beschwerdemanagements, wo dann alle Beschwerden/Eingaben für die Gesamtverwaltung (Ordnungsamt, Sozialamt/Jugendamt, Steueramt, Tiefbauamt etc.) zentral gesammelt, dokumentiert und an die einzelnen Fachämter zur Bearbeitung weitergeleitet werden, vor dem Hintergrund datenschutzrechtlicher Vorgaben, der verschiedenen Zuständigkeiten (siehe „kommunalrechtliche Aufgabenarten“) sowie der gesetzlichen Rahmenbedingungen, die insbesondere die Gemeindeordnung vorgibt, überhaupt möglich wäre.

 

Es kann an dieser Stelle bereits konstatiert werden, dass in diesem Zusammenhang ein zusätzlicher Personalbedarf zur Abdeckung dieser neuen Aufgabe von bis zu 1,5 Stellen notwendig sein wird.

Des Weiteren wäre zu prüfen, wann und in welcher Form dann eine Unterrichtung unter Beachtung der rechtlichen Rahmenbedingungen des Rates oder des Hauptausschusses möglich wäre.

 

Da der vorliegende Antrag mit einem hohen Aufwand – insbesondere der personelle (Zusatz)Aufwand – zur Annahme, Feststellung und Dokumentation aller bei der Verwaltung (schriftlich oder elektronisch) eingehenden Beschwerden verbunden ist, empfiehlt die Verwaltung den vorliegenden Antrag abzulehnen.

Beschlussentwurf (als Empfehlung an den Rat):

Beschlussentwurf (als Empfehlung an den Rat):

„Der Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vom 11.09.2012 wird hiermit abgelehnt.“