Beschlussvorlage - A 63/007/2024

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Beratungsfolge

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Tatbestand

Tatbestand:

Im Zusammenhang mit der Erweiterung der Abgrabungsfläche des Kieswerkes in Kückhoven wurde dem Betreiber im Rahmen der Abgrabungsgenehmigung durch den Kreis Heinsberg aufgetragen, dass mit den Abgrabungen erst begonnen werden dürfe, wenn archäologische Untersuchungen entsprechend eines vom Kreis zu genehmigenden Grabungskonzeptes erfolgt wären, da bereits die früheren Untersuchungen Hinweise auf kulturhistorische Spuren ergeben hatten. Diese Grabungen sind zwischenzeitlich von einem externen Grabungsbüro vorgenommen worden.

 

Bei diesen Untersuchungen hat sich bestätigt, dass sich im geplanten Abbaubereich archäologisch relevante Funde befinden. Es handelt sich dabei um eine bandkeramische Siedlung, diese liegt ca. 900 m südöstlich des Ortsrandes von Kückhoven und 200 m südlich der bereits bekannten bandkeramischen Siedlung, in der der bekannte Brunnen von Kückhoven als erster linearbandkeramischer Brunnen in organischer Erhaltung gefunden worden ist.

 

Zu diesen Funden beantragt der LVR – Amt für Bodendenkmalpflege mit Mail vom 31.07.2024 die nachrichtliche Eintragung in die Denkmalliste als „Neolithische Siedlung mit Erdwerk Sittert“.

 

Das Verfahren bei Bodendenkmälern unterscheidet sich von der Eintragung von Baudenkmälern. Nach § 2 Abs. 5 DSchG sind Bodendenkmäler bewegliche oder unbewegliche Denkmäler, die sich im Boden oder in Gewässern befinden oder befanden. Als Bodendenkmäler gelten auch Zeugnisse tierischen und pflanzlichen Lebens aus erdgeschichtlicher Zeit, ferner Veränderungen und Verfärbungen in der natürlichen Bodenbeschaffenheit, die durch nicht mehr selbstständig erkennbare Bodendenkmäler hervorgerufen worden sind, sowie vermutete Bodendenkmäler, für deren Vorhandensein konkrete, wissenschaftlich begründete Anhaltspunkte vorliegen, sofern sie bedeutend für die Erdgeschichte, für die Geschichte des Menschen, für die Kunst- und Kulturgeschichte, für Städte und Siedlungen sind und an ihrer Erhaltung und Nutzung wegen künstlerischer, wissenschaftlicher, volkskundlicher oder städtebaulicher Bedeutung ein Interesse der Allgemeinheit besteht oder anzunehmen ist, dass sie diese erfüllen.

Diese Voraussetzungen sind nach Darstellung des LVR – Amt für Bodendenkmalpflege vorliegend gegeben, damit handelt es sich bereits jetzt um ein Bodendenkmal im Sinne von § 2 Abs. 5 DSchG.

 

Inhaltlich führt der LVR - Amt für Bodendenkmalpflege zu dem Bodendenkmal wie folgt aus (verkürzt):

 

Die Anlage zeigt insgesamt polygonal. Im Norden wurde ein innerer Graben erfasst, der einen Innenbereich von ca. 137 m Länge (Westnordwest–Ostsüdost) und 120 m Breite (Nordnordost–Südsüdwest) abgrenzt. In einer Sondage wurde knapp 30 m nördlich ein weiteres Grabensegment angetroffen. Erdwerke mit mehreren Grabenringen sind aus der Bandkeramik von verschiedenen Fundplätzen bekannt, u. a. auch vom unmittelbar nördlich gelegenen Fundplatz Erkelenz-Kückhoven „Am Wahnbuschgraben“.

 

Im grabenumgrenzten Bereich befanden sich zahlreiche Pfostengruben, welche zu mindestens vier Hausgrundrissen zählten. Darunter fiel ein dreischiffiges, dreiteiliges Gebäude, mit annähernd langrechteckiger Grundfläche auf. Es hatte einen wandgrabenumgrenzten Nordwestteil, einen annähernd quadratischen Mittelteil, sowie einen kleinflächigeren Südwestteil. Im Innenraum stand mittig eine Giebelpfostenreihe, begleitet von zwei Wandpfostenreihen, welche die Dachkonstruktion trugen. Der Mittelteil wies keine Innenpfosten auf und diente als offener Raum. Die südwestlichste Innenpfostenquerreihe bestand nur aus zwei Pfosten. Der Grundriss entspricht einem als „Typ 1b“ beschriebenen Gebäude der linearbandkeramischen Kultur, und datiert ins Altneolithikum (ca. 5500–4900 v. Chr.).

 

Zum Grundriss der Siedlung zählten mehrere, längsbegleitende Gruben bzw. -komplexe mit jeweils langgestreckt ovalem Querschnitt. Solche Bodeneingriffe lieferten vermutlich Lehm zum Hausbau. Ihre Verfüllung bestand aus mehreren, horizontal übereinanderliegenden Schichten, welche insbesondere Steinabschläge, Reibstein- und Keramikfragmente, sowie Holzkohle- und Rotlehmbröckchen enthielten. Dementsprechend dienten sie den späteren Hausbewohnern nach der Lehmentnahme zur kontinuierlichen Abfallentsorgung. Die Form, Ausrichtung und Lagebeziehung von Hausgrundrissen mit Gruben im Umkreis entsprachen dem typischen Schema der altneolithischen bzw. linearbandkeramischen Siedlungsplätze im Rheinland.

 

In Sittert sind bisher eine mehrteilige Grabenanlage, vier Hausbefunde sowie zahlreiche Siedlungsgraben sicher durch Grabungen und geomagnetische Untersuchungen nachgewiesen. Die Befunderhaltung ist mit bis über 0,70 m als gut zu bezeichnen. Zudem konnten aus den Befunden Funde von Steinabschläge, Reibstein- und Keramikfragmente, sowie Holzkohle- und Rotlehmbröckchen geborgen werden.

 

Das Bodendenkmal „Neolithische Siedlung mit Erdwerk Sittert“ ist nach Darstellung des LVR – Amt für Bodendenkmalpflege somit bedeutend für die Geschichte des Menschen. Mit der Bandkeramik beginnt im Rheinland das Neolithikum. Damit einher gehen die ersten ortkonstanten Siedlungen mit festen Häusern, in denen die Menschen über längere Zeiträume gemeinsam leben und das umliegende Land bewirtschaften. Dies stellt einen fundamentalen Unterschied zu den vorangegangenen Epochen dar, in denen die Siedlungsplätze allenfalls saisonal genutzt wurden und grundsätzlich eine höhere Mobilität vorlag. Die bandkeramischen Siedlungen sind somit als älteste Zeugnisse dieser bis heute andauernden Lebensweise bedeutend für die Geschichte des Menschen.

 

Die umfassende wissenschaftliche Begründung bzw. Beschreibung des Bodendenkmals ist in der Anlage beigefügt.

 

Aufgrund der vorbeschriebenen Bewertung des LVR – Amt für Bodendenkmalpflege und der eingangs beschriebenen Definition aus dem § 2 Abs. 5 DSchG gilt die „Neolithische Siedlung mit Erdwerk Sittert“ damit als Bodendenkmal im Sinne des Denkmalschutzgesetzes.

 

Eine weitere Besonderheit bei den Bodendenkmälern liegt darin, dass die Denkmalliste anders als zu den Bau- und Gartendenkmälern nicht bei der Unteren Denkmalbehörde geführt wird, sondern nach § 23 Abs. 7 DSchG bei den zuständigen Denkmalfachämtern, als beim LVR – Amt für Bodendenkmalpflege in Bonn. Folgerichtig bittet der LVR - Amt für Bodendenkmalpflege hier auch nur um nachrichtliche Eintragung in die Denkmalliste der Stadt Erkelenz. Eine unmittelbare Rechtsfolge entfaltet die Übernahme in die Denkmalliste der Stadt Erkelenz somit nicht.

 

Es ist davon auszugehen, dass das betreffende Unternehmen die Beseitigung des Bodendenkmals im Vorgriff aus die Gewinnung von Kies beantragen wird. Mit der durch den LVR festgestellten Denkmaleigenschaft (und nicht mit der Eintragung) geht die Zuständigkeit für diesen Antrag auf die Untere Denkmalbehörde der Stadt Erkelenz über. In dem verfahren wird diesem Untere Denkmalbehörde dann wieder den LVR – Amt für Bodendenkmalpflege beteiligen. Wie sich der LVR – Amt für Bodendenkmalpflege in dem anstehenden Verfahren positionieren wird, kann derzeit nicht abgesehen werden.

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Beschlussentwurf

Beschlussentwurf (in eigener Zuständigkeit):

Das Bodendenkmal „Neolithische Siedlung mit Erdwerk Sittert“ erfüllt die Voraussetzungen nach § 2 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 5 DSchG NRW zur Aufnahme als ortsfestes Bodendenkmal in die Liste der Bodendenkmäler. An der Erhaltung besteht ein öffentliches Interesse, weil das Bodendenkmal bedeutend ist für die Geschichte des Menschen. An seiner Erhaltung und Nutzung besteht wegen seiner wissenschaftlichen Bedeutung ein Interesse der Allgemeinheit. Der Ausschuss nimmt die nachrichtliche Übernahme in die Denkmalliste der Stadt Erkelenz zur Kenntnis.“

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Finanz. Auswirkung

Klima-Check:

Trägt der Beschlussentwurf zum Klimaschutz oder zur Klimafolgenanpassung bei?

 

Ja 

Nein 

 

Die Maßnahme hat keinen Einfluss auf den Klimaschutz. Die Eintragung als Bodendenkmal hat lediglich deklaratorischen Charakter.

 

Finanzielle Auswirkungen:

keine

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Anlagen

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