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Vorlage - III/062/2015  

 
 
Betreff: Prüfung der Machbarkeit und Wirtschaftlichkeit des Baues einer städtischen Windkraftanlage zur Eigenversorgung mit selbst erzeugtem Strom
Status:öffentlich  
Federführend:Dezernat III   
Beratungsfolge:
Hauptausschuss Entscheidung
29.10.2015 
8. Sitzung des Hauptausschusses zur Kenntnis genommen   

Sachverhalt
Beschlussvorschlag
Finanzielle Auswirkungen
Anlage/n

Tatbestand:

Der Hauptausschuss der Stadt Erkelenz hat in seiner Sitzung am 10.09.2015 auf Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen beschlossen:

 

„Die Verwaltung wird beauftragt, Machbarkeit und Wirtschaftlichkeit des Baues städtischer Windkraftanlagen und/oder Solarparks zum Zweck einer möglichst hohen Eigenversorgung der Stadt Erkelenz mit selbst erzeugtem Strom prüfen zu lassen. Die Machbarkeitsstudie soll so zeitnah beauftragt werden, dass im Fall eines erwarteten positiven Ergebnisses Mittel für entsprechende Investitionen noch in den Haushalt 2016 eingestellt werden können. Bei den Betrachtungen soll die Installation der Anlagen auf städtischem Gebiet, also ohne Pachtkosten, einbezogen werden.“

 

Ausgangslage für die Errichtung von Windkraftanlagen

 

Planungsrechtliche und baurechtrechtliche Rahmenbedingungen:

Auf dem Gebiet der Stadt Erkelenz können Windkraftanlagen in den im Flächennutzungsplan ausgewiesenen Konzentrationszonen für Windkraftanlagen errichtet werden. Der Rat der Stadt Erkelenz hat sich mit dem Beschluss zum Flächennutzungsplan im Jahr 2001 dazu entschlossen, die Errichtung von Windkraftanlagen über dieses planungsrechtliche Steuerungsinstrument in Erkelenz zu ermöglichen. Davon haben in den vergangen Jahren mehrere Errichter von Windkraftanlagen Gebrauch gemacht. Auf dem Erkelenzer Stadtgebiet stehen innerhalb der Konzentrationszonen insgesamt 27 Windkraftanlagen. Die Konzentrationszonen sind damit gefüllt. Die Errichtung von weiteren Windkraftanlagen, auch als Einzelanlagen, ist nur möglich, wenn entsprechend neues Planungsrecht, z.B. über die Ausweisung neuer Konzentrationszonen im Flächennutzungsplan, geschaffen wird. Das Verfahren ist umfangreich und bedarf im Regelfall nach herrschender Rechtsprechung einer kompletten neuen gutachterlichen Untersuchung des gesamten Stadtgebietes hinsichtlich der Windkraftpotenziale. Daran anschließen würde sich ggfls. ein Änderungsverfahren des Flächennutzungsplanes. Insgesamt würde das einen Zeitraum von ca. 2 Jahren in Anspruch nehmen. Insofern ist eine wie im Antrag formulierte kurzfristige Errichtung einer städtischen Windkraftanlage nicht möglich.

 

Auch das Land Nordrhein-Westfalen wird in Zukunft die Errichtung von Windkraftanlagen regionalplanerisch steuern. Es ist vorgesehen, bei der zukünftigen Überarbeitung von Regionalplänen Vorranggebiete zur Errichtung von Windkraftanlagen regionalplanerisch festzusetzen und zu steuern. Die Kommunen müssten diese Vorranggebiete dann bei eigenen Planungen entsprechend berücksichtigen und ggfls. in ihre Flächennutzungspläne übernehmen. Eine Fortschreibung oder Überarbeitung des Regionalplanes der Bezirksregierung Köln, Teilabschnitt Aachen, hinsichtlich der Ausweisung von Vorranggebieten für Windkraftanlagen ist aktuell (noch) nicht geplant. Es ist allerdings davon auszugehen, dass die Bezirksregierungen in der Zukunft verstärkt davon Gebrauch machen werden.

 

Windkraftanlagen unterliegen der baurechtlichen Genehmigung nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz (BImschG). Genehmigungsbehörde dafür ist der Kreis Heinsberg. Verfahren zur Genehmigung von Windkraftanlagen können bis zu einem Jahr dauern.

 

Liegenschaftliche Rahmenbedingungen:

Die Stadt Erkelenz besitzt als Eigentümerin keine Grundstücke im Bereich von Konzentrationszonen für Windkraftanlagen.

 

Technische Rahmenbedingungen:

Erklärtes Ziel der Bundesregierung und auch der Landesregierung in NRW ist der weitere Ausbau der Windkraft im Zusammenhang mit der Energiewende. Windkraftanlagen speisen im Regelfall erzeugten Strom in das öffentliche Netz ein. Eine klassische "Eigennutzung" des erzeugten Stroms, wie im Antrag und in der Begründung zum Antrag formuliert, ist in diesem System schlichtweg auch technisch für die Stadt Erkelenz nicht möglich. Dazu müsste für die anzuschließenden Verbraucher (hier alle kommunalen Gebäude und Anlagen) eine eigene Netzinfrastruktur zur Verfügung stehen, um den Strom von der (eigenen städtischen) Windkraftanlage direkt zu den Verbrauchern zu bringen. Das dieses nicht wirtschaftlich darstellbar ist liegt auf der Hand, zumal in Zeiten, in denen kein Windstrom erzeugt wird, die Versorgung der kommunalen Gebäude und Anlagen auch über das herkömmliche öffentliche Netz sichergestellt sein muss. Im Übrigen sieht das EEG auch vor, dass Anlagen größer 100 KW so ausgestaltet sein müssen, dass der Netzbetreiber im Sinne der Netzsicherheit jederzeit Einfluss auf die Einspeiseleistung nehmen kann. Das impliziert natürlich eine direkte Verbindung mit dem öffentlichen Netz.

 

Es bleibt also nur der herkömmliche Weg, dass der erzeugte Strom in das bereits bestehende öffentliche Netz eingespeist wird und über die Einspeisevergütung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) vergütet wird. Eine klassische "Eigennutzung" (z. B. wie bei kleineren Photovoltaikanlagen oder wie beim BHKW auf der Kläranlage) scheidet daher aus.

 

Wirtschaftliche Rahmenbedingungen:

Die Bundesregierung plant das Erneuerbare-Energien-Gesetz zu verändern. Ab dem 01.01.2017 soll die Höhe der Einspeisevergütung über ein Ausschreibungsverfahren festgelegt werden. Für Photovoltaikanlagen wird dieses bereits in einer Probephase schon realisiert. In der Fachwelt besteht die Auffassung, dass dadurch Einzelanlagen und auch z. B. genossenschaftliche Projekt zur Errichtung von Windkraftanlagen in der Zukunft so gut wie keine Realisierungschancen mehr haben. Professionelle Windparkbetreiber, vor allem für Offshoreanlagen auf hoher See, sind dort deutlich im Vorteil. Die Ausschreibungsüberlegungen korrespondieren mit der geplanten Steuerung des Ausbaus der Windkraft vor allem auf hoher See. Eine formelle Voraussetzung um überhaupt an einem Ausschreibungsverfahren teilnehmen zu können ist eine bereits vorhandene Genehmigung nach BImschG für eine oder mehrere Anlagen. Die Rahmenbedingungen hierzu wurden bereits dargestellt. Auch müsste die Einzelanlage oder der Windpark schon komplett projektiert sein. Nach Rücksprache mit Errichtern von Windkraftanlagen ist nicht nur die Vorlaufzeit eines Projektes bis Ende 2016 viel zu kurz, sondern müssten auch je nach Größe der Anlage mehrere hunderttausend Euro für die konkrete Projektierung und Genehmigung vorfinanziert werden. Ab 2017 wäre dann zusätzlich mit dem Risiko zu kalkulieren, dass ein Projekt über das Ausschreibungsverfahren entweder gar nicht gefördert wird, oder aber ein deutlich niedriger Fördersatz erzielt wird, der den Invest für eine (einzelne) Anlage u. U. komplett in Frage stellt.

 

 

Die Errichtung einer 2 MW Windkraftanlage kostet nach Rücksprache mit Errichterfirmen je nach Anlagentyp zwischen 3 und 4 Mio. Euro zuzüglich Erschließungskosten je nach Standort. Mittlerweile werden auch schon Anlagengrößen bis zu 3 MW errichtet. Die Kosten liegen dort bei ca. 5 bis 6 Mio. Euro je Anlage und Typ. Für die Umsetzung der Errichtung einer städtischen Windkraftanlage müsste die Stadt Erkelenz einen Betrieb gewerblicher Art gemäß § 6 Körperschaftssteuergesetz gründen. Die Auswirkungen und auch das Risiko auf den städtischen Haushalt können anhand der geschilderten Rahmenbedingungen und Kosten einfach abgeschätzt werden.

 

Für die Errichtung einer eigenen städtischen Windkraftanlage im Laufe des Jahres 2016 wird unter den geschilderten Rahmenbedingungen seitens der Verwaltung keine Möglichkeit gesehen.

 

Die Stadt Erkelenz hat den Strombezug aller städtischen Liegenschaften mit ÖKO-Strom aus erneuerbaren Energien im Jahr 2013 europaweit ausgeschrieben. Seit dem 01.01.2014 werden so gut wie alle Liegenschaften der Stadt Erkelenz mit Strom aus erneuerbaren Energien beliefert. Das in der Begründung zum Antrag erläuterte Rechenmodell ist nur insofern richtig, dass mögliche Einspeisevergütungen aus dem EEG gegen die tatsächlich entstehenden Stromkosten aufgerechnet werden können.

 

Bei der Umsetzung des sich zur Zeit in der Aufstellung befindlichen Klimaschutzkonzeptes der Stadt Erkelenz wird eine entscheidende Frage sein, wie denn der CO²-Ausstoß auf dem Erkelenzer Stadtgebiet zukünftig gesenkt werden kann. Eine Möglichkeit der Verbesserung der CO²-Bilanz für Erkelenz insgesamt besteht darin, den Anteil der erzeugten erneuerbaren Energien auf dem Stadtgebiet deutlich zu erhöhen. Dazu gehört auch der weitere Ausbau der Windkraft (in Form von weiteren Konzentrationszonen oder auch Repowering von vorhandenen Anlagen) und der Photovoltaik. Inwieweit das unter den geschilderten Rahmenbedingungen möglich sein wird, bleibt abzuwarten. Sollten sich im Zusammenhang mit geplanten Projekten auf dem Erkelenzer Stadtgebiet Kooperationsmöglichkeiten mit Genossenschaften oder anderen Errichtern ergeben, sollte im jeweiligen Einzelfall die Prüfung einer Projektbeteiligung seitens der Stadt Erkelenz erfolgen.


Beschlussentwurf:

„Die Ausführungen werden zur Kenntnis genommen.“


Finanzielle Auswirkungen:

Keine.